Aktuell: Reichmann regt die Gründung eines eigenen Verbands an


Mit jedem Tag, an dem der Ball im Hamburger Amateur-Bereich ruht, verlängert sich auch die Sperre der Spieler, die wegen eines Vereinswechsels ohne Freigabe des abgebenden Klubs zu einer Zwangspause verurteilt worden sind. Dies erfuhr Kevin Reichmann, Trainer des TSV Wandsetal II (Kreisliga 4), als er am Freitag beim Hamburger Fußball-Verband anrief: „Auf Nachfrage sagten mir die HFV-Verantwortlichen, dass sich die Wechselsperren durch die derzeitige Aussetzung des Spielbetriebs verlängern, weil dies so von den Vereinen gewünscht sei.“ Will heißen: Ein Spieler, der in der jüngsten Wechselperiode zwischen Anfang Juli und Anfang Oktober einen Wechsel vollzog, ohne von seinem vorherigen Klub freigegeben worden zu sein, weiß jetzt noch nicht, wann er wieder gegen den Ball treten darf – weil er seine Sperre erst weiter „absitzen“ kann, wenn der Spielbetrieb fortgesetzt wird.

„Schlimmstenfalls könnte dies für die Spieler bedeuten, dass sie nicht einmal an der Vorbereitung auf die kommende Saison normal teilnehmen können“, schwante Reichmann Böses. Der Trainer stellte klar, dass es ihm dabei keinesfalls nur um die Akteure geht, die von seinem Ex-Klub SC Osterbek gesperrt wurden, nachdem sie ihm im September vom Barmwisch nach Wandsetal gefolgt waren: „Ich denke an alle Amateursportler, die einfach gerne ihrem Hobby nachgehen und dem Ball hinterherjagen würden – auch um die Spieler, die die Zweite Mannschaft von Wandsetal verlassen haben, weil sie nicht mit mir zusammenarbeiten wollten“, betonte der 30-Jährige. Auch gegenüber einem Spieler, der für eine Tätlichkeit gegen den Schiedsrichter für einen gewissen Zeitraum an Monaten aus dem Verkehr gezogen worden ist, laut DFB-Net ab Mitte Dezember wieder eingesetzt werden könne, würden die Kicker, die einen Vereinswechsel vollzogen, „extrem benachteiligt“, klagte Reichmann.

„Die Spieler, die teilweise schon seit dem 13. März, als die erste Corona-Zwangspause begann, keinen Fußball mehr spielen konnten, sind stand jetzt zumeist bis zum 1. März 2021 gesperrt worden – und es kann nicht angehen, dass diese Sperren sich dann noch verlängern sollen“, echauffierte sich Reichmann und forderte, dass Sperren für einen Vereinswechsel „grundsätzlich maximal sechs Monate lang sein dürften“ und das „unabhängig davon, wie viele Partien in diesem Zeitraum absolviert worden seien“. Alles andere würde seiner Meinung nach „an Willkür grenzen“, betonte der Trainer. Daran, dass nun schon zum zweiten Mal wegen der Corona-Krise der Ball ruhen muss, habe schließlich niemand der Leidtragenden Schuld: „Kein Vereinsverantwortlicher, aber auch kein Spieler ist dafür verantwortlich“, so Reichmann, der deshalb auch an den „Fairplay-Gedanken“ appellierte: „Gerade im Breitensport sollte es in erster Linie darum gehen, dass es den Spielern ermöglicht wird, ihrem Hobby nachzugehen.“

Große Hoffnungen setzt der Coach der Wandsetaler Reserve in die Initiative „Praxis Fußball“, deren Gründung zu Beginn der Woche bekanntgegeben worden war (SportNord berichtete, siehe unten stehenden Link). Er würde sich „wünschen, dass die Begründer der Initiative im Austausch mit den Verbands-Verantwortlichen den Interessen und Zielen der Vereine Gewicht verleihen können“. Auf die Frage, wie verfahren werden könnte, wenn dies nicht gelingen und es von HFV-Seite keinerlei Entgegenkommen geben sollte, warf Reichmann augenzwinkernd eine komplette Neustrukturierung des Amateur-Fußballs in der Freien und Hansestadt in den Raum: „Dann könnten die Hamburger Amateur-Teams darüber nachdenken, aus dem HFV auszutreten und unter dem Dach einer eigenen, neu zu gründenden Organisation weiterzuspielen.“ Abgesehen von einigen ambitionierten Klubs, die Aufstiegsambitionen in die Regionalliga Nord hegen, im Falle eines Austritts aus dem HFV aber Deutschlands vierthöchste Spielklasse nicht mehr erreichen könnten, würde eine solche komplette Neu-Organisation nach Reichmanns Meinung „keine Nachteile mit sich bringen“.

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