
(Foto-Credit: Johannes Speckner)
In einer flammenden Ansprache direkt nach dem Abpfiff zog Chris Coskunmeric, Trainer des SC Cosmos Wedel, Parallelen zum Champions-League-Endspiel 2012. Damals hatte der FC Bayern München das „Finale dahoam“ gegen den FC Chelsea London im Elfmeterschießen verloren. Zwar nicht um den Titel in der „Königsklasse“, immerhin aber um den in der Kreisliga 9 ging es am Mittwochabend im Topspiel zwischen den „Cosmonauten“ und dem Rissener SV, der einen 0:2-Rückstand noch zum 3:2-Sieg drehte. Neben den Rissenern dürfte darüber auch die Groß Flottbeker SV jubeln, da sie nun weiterhin realistische Chancen auf die Meisterschaft hat. „Wir haben aber weiter alles in der eigenen Hand“, betont Coskunmeric, der an seine Schützlinge gerichtet hinzufügte: „Aus dieser Niederlage werdet ihr richtig viel lernen – und wir werden in den kommenden Wochen alles dafür tun, um sie so, wie die Bayern in der Saison 2012/2013, wettzumachen.“
Nicht ganz so lautstark wie in der Champions-League, aber stimmungsvoller als bei vielen Oberliga-Spielen ging es an der Schulauer Straße zu. Neben den Wedelern hatten auch die Rissener zahlreiche Anhänger mobilisiert, die ihre Lieblinge mit Sprechchören und Gesängen unterstützten. Etwas bedauerlich war, dass sie dies von außerhalb des Kunstrasen-Käfigs aus machen mussten: „Wir wussten, dass viele Besucher kommen würden, und haben uns deshalb aus Sicherheitsgründen dazu entschieden, das Betreten der Anlage nur Spielern und Offiziellen zu gestatten“, erklärt Coskunmeric diesen Umstand. In der ersten Halbzeit sahen die Fußball-Anhänger, dass die Hausherren klare Vorteil hatten: Joe Kehde nach Vorarbeit von Felix Mühlich (24. Minute) und Frederic Verter mit einem 16-Meter-Schuss (31.) sorgten für eine 2:0-Führung, die laut Coskunmeric „durchaus noch höher hätte ausfallen können“.
Nach der Pause erhöhten die Rissener, für die eine Niederlage bei dann elf Punkten Rückstand faktisch das Ende aller Titel-Träume bedeutet hätte, das Tempo. In der 65. Minute gab es auch die erste gute Chance zum Anschlusstreffer, doch der eingewechselte Alexandru Chitu scheiterte von halbrechts aus an Cosmos-Keeper Leon Schuld. Auf der Gegenseite vergab Mühlich die Chance zur Vorentscheidung, als er einen Freistoß von halbrechts an der RSV-Abwehrmauer vorbei in das Außennetz zirkelt (70.). Statt 3:0 hieß es in der 76. Minute nur noch 2:1, wobei es sich um ein echtes Traumtor handelte: Chitu zirkelt den Ball von halblinks aus in hohem Bogen in den rechten oberen Winkel.
Nun waren die Rissener wieder voll im Spiel und wollten mehr. Die Heim-Elf trug nur noch zu vereinzelte Entlastungsangriffe vor; bei einem davon kam Frederik Abing von halblinks aus zum Schuss, setzte diesen aber aus der Drehung klar am langen Pfosten vorbei (80.). Kurz darauf scheiterte der eingewechselte Wedeler Viktor Terplin von halblinks aus an RSV-Torwart Dennis Theis – Schiedsrichter-Assistent Matthew Kwabena Ankrah (vom Eimsbütteler TV) hatte aber ohnehin eine Abseitsstellung ausgemacht. In der 85. Minute fiel dann der Ausgleich: Daniel Hugenbusch enteilte auf der linken Seite Frederik Sattler und gab den Ball aus spitzem Winkel hoch über den weit aus seinem Gehäuse heraus geeilten Schuld in die Mitte, wo erst mehrere Akteure verpassten, ehe der eingewechselte Ludwig Cords traf.
In der Schlussminute erreichte die Dramatik ihren Höhepunkt. Erst eroberte Kehde einen Ball vom Rissener Vincent Bleckwedel und lief in guter Position auf das Gäste-Gehäuse zu, gab aber selbst keinen Torschuss ab, sondern suchte den rechts von ihm mitgelaufenen Mühlich – mit seinem Pass kam er aber nicht an Tim-Oliver Krüger vorbei. „Wenn wir da getroffen hätten, hätten wir gewonnen“, urteilt Coskunmeric. Stattdessen schlugen die Gäste den Ball von hinten links weit diagonal nach vorne, wo Chitu im Strafraum gegen Terplin, Moritz Otto und Hannes Westphal zwar nicht zum Abschluss kam, die Kugel aber klug zurücklegte zu Hugenbusch, der an den besagten drei Wedelern vorbei zum 2:3 rechts halbhoch einschweißte und jubelnd abdrehte. Kurzzeitig riss sich Hugenbusch aus sein Trikot vom Leib, was ihm – obwohl er es genauso schnell wieder angezogen hatte – eine Gelbe Karte von Schiedsrichter Henri Rockel (HEBC) einbrachte. Weil der Unparteiische kurz darauf abpfiff, waren auch gewisse Parallelen zum Champions-League-Finale von 1999, das der FC Bayern durch zwei späte Gegentreffer gegen Manchester United noch mit 1:2 verloren hatte, erkennbar.
(Johannes Speckner)