Aktuell: Öffentliches Schreiben aus Harrislee an die Politiker


Nachdem der TSV Nord Harrislee in der Saison 1978/1979 am DFB-Pokal teilnahm (0:6 gegen den damaligen Süd-Zweitligisten VfB Borussia Neunkirchen), gehörte er von 1995 bis 1998 der Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein (damals vierthöchste Spielklasse) an. Seither trat das Team vom Holmberg nicht mehr überregional in Erscheinung – die abgebrochene Serie 2019/2020 beendete es als Tabellen-Siebter von Schleswig-Holsteins Verbandsliga Nord (vergleichbar mit der Hamburger Bezirksliga).

Nachdem Schleswig-Holsteins Landesregierung am Mittwoch beschlossen hatte, dass es bis zum 30. August keine Corona-Lockerungen für die Sporttreibenden im nördlichsten Bundesland gibt (SportNord berichtete, siehe unten stehenden Link), verfasste TSV-Fußball-Obmann Markus Roloff aber nun ein öffentliches Schreiben, das via facebook für große Beachtung sorgte und das SportNord nach Rücksprache mit Roloff hiermit auch seinen Lesern präsentiert:


„Sehr geehrte Frau Dr. Sütterlin-Waack,

sehr geehrter Herr Dr. Garg,

ich schreibe an Sie als zuständige Minister für Sport und Gesundheit in Schleswig-Holstein. Mit großer Bestürzung haben alle aktiv in den Vereinen in Schleswig-Holstein Sporttreibenden die Ankündigung der Landesregierung vom 5. August 2020 zur Kenntnis genommen, dass die heute gültige sogenannte Corona-Verordnung in unveränderter Form bis 30. August 2020 in Kraft bleiben soll.

Das bedeutet für alle Vereinssportler in Schleswig-Holstein, dass sie weiterhin in Gruppen, die größer als zehn Menschen sind, selbst im Freien nur unter Einhaltung des Abstands von 1,50 Metern Sport treiben können. Das stellt unter Berücksichtigung des Infektionsgeschehens in Schleswig-Holstein eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung dar.

Bisher ist kein einziger Fall in Schleswig-Holstein bekannt, bei dem sich ein Sporttreibender bei einem anderen Vereinsmitglied angesteckt hätte, mit dem er zusammen im Freien Sport betrieben hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in Schleswig-Holstein etwa 850.000 Menschen in etwa 2.600 Vereinen Sport treiben. Die Vereinsmitglieder – und das gilt gerade für die Kinder – bewegen sich in der Regel nur im bekannten Umfeld und treiben oft Sport mit Klassenkameraden und Freunden, also Menschen, zu denen sie ohnehin Kontakt ohne Einhaltung des Abstandsgebotes haben und haben dürfen. Zudem ist eine Nachverfolgung der Kontakte problemlos möglich. Es ist vor dem Hintergrund der dringenden gesundheitlichen Belange dieser 850.000 Menschen nicht hinzunehmen, dass die Sportausübung in derart unzumutbarer Weise eingeschränkt wird. Es ist doch, gerade vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie, wünschenswert und wichtig, die Menschen zum Sporttreiben an der frischen Luft zu motivieren. Die Vereine leisten hierbei durch ihre Hygienekonzepte im Allgemeinen hervorragende Arbeit, um ihre Mitglieder vor einer Ansteckung mit Sars-Cov-2 zu schützen. Gleichzeitig ist es den Mitgliedern und gegebenenfalls ihren gesetzlichen Vertretern zuzutrauen, eigenverantwortlich zu entscheiden, ob das Restrisiko einer Ansteckung, welches auch bei Einhaltung der Mindestabstände selbstverständlich nie vollständig ausgeschlossen werden kann, für das einzelne Mitglied eingegangen werden kann.

Mein dringender Appell, die Gruppengröße in der ab 10. August 2020 gültigen Corona-Verordnung auf 30 Personen für Sport im Freien ohne Einhaltung des Mindestabstands festzulegen, begründet sich auch auf weitere dringende gesundheitliche Aspekte. Da die Gruppengröße in anderen Bundesländern und in Dänemark bei mehr Personen als in Schleswig-Holstein liegt, zum Beispiel in Niedersachen bei 30 Personen, kommt es zu einem erheblichen Reiseaufkommen. Schließlich werden sämtliche Fußball-Mannschaften in Schleswig-Holstein zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen in Erwägung ziehen müssen, ihr Trainingslager in Niedersachen durchzuführen oder, was bereits heute in erheblichem Ausmaß stattfindet, zu Test- und Freundschaftsspielen nach Dänemark oder Niedersachen reisen. Gerade auch wenn solche Reisen mit Bussen durchgeführt werden, entsteht ein weiteres gefährliches Verbreitungspotential, welches nicht im Interesse aller Schleswig-Holsteiner sein kann.

Ein weiterer Gesichtspunkt zeigt auf, wie wenig zielführend und widersprüchlich ein Verbleiben bei der Gruppengröße von zehn Personen ist. Dieser ist darin zu sehen, dass die Glaubwürdigkeit der Politik und die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen erheblichen Schaden nehmen werden. Es ist schließlich den Schülerinnen und Schülern nicht sinnvoll zu erklären, dass sie in der Schule mit bis zu 30 Personen ohne Einhaltung jeglicher Abstandsregeln im Klassenzimmer, also innerhalb geschlossener Räume, in Kontakt kommen können, während sie auf dem Fußballplatz kein vernünftiges Trainingsspiel mit 22 Spielerinnen und Spielern durchführen dürfen.

Sehr geehrte Frau Dr. Sütterlin-Waack, sehr geehrter Herr Dr. Garg, wir fordern Sie ausdrücklich auf, im Sinne aller Sportvereinsmitglieder in Schleswig-Holstein und gerade zugunsten der Kinder und Jugendlichen, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass das Sporttreiben an der frischen Luft wieder mit Freude und Spaß ausgeübt werden kann. Ich appelliere an Ihre Vernunft und vertraue auf Ihre politische Durchsetzungskraft!

Mit sportlichen Grüßen

Markus Roloff

Fußball- und Ligamanagement des TSV Nord Harrislee e. V.“

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