
Doch nicht um 18.30 Uhr, wie es von den Verantwortlichen des Hetlinger MTV bis zuletzt kommuniziert worden war, sondern erst um 19 Uhr begann am Mittwochabend das Testspiel der Hetlinger, die im Mai als Meister der Kreisliga 7 in die Bezirksliga West aufgestiegen waren, gegen den Zweitligisten Holstein Kiel. In der Anfangsphase überraschten die Hetlinger, indem sie hoch standen und die Kieler schon in deren Spielfeldhälfte attackierten. In der Folge zogen sich die Hausherren aber immer weiter zurück und die Gäste trugen einen Angriff nach dem anderen vor. Mit hohem läuferischem Einsatz gelang es den HMTV-Spielern jedoch in den ersten 20 Minuten, die Holstein-Akteure immer wieder zu zweit zu attackieren. Und der neue KSV-Coach Tim Walter war nicht zufrieden mit den Bemühungen seiner Elf: „Spielt kurze Pässe“, riet Walter seinen Schützlingen, denen er immer wieder Anweisungen gab.
Von zahlreichen der 1600 zahlenden Zuschauer gab es in der fünften Minute Szenenapplaus für Philipp Drews, der mit zwei Körpertäuschungen gleich drei Kieler aussteigen ließ. Auch Jan Wenzel glänzte mit zahlreichen gewonnenen Zweikämpfen. Drei Zeigerumdrehungen später gab Maximilian Wichern den ersten Torschuss ab − seinen Lupfer fing Gäste-Keeper Dominik Reimann aber mühelos. Auf der Gegenseite flogen die ersten beiden Versuche der Kieler, abgegeben jeweils von Alexander Mühling, knapp am Ziel vorbei (9./11. Minute). Für den verbalen Höhepunkt des Abends sorgte Walter, als er seinem Stürmer Utku Sen, der vor dem HMTV-Strafraum den Ball verloren hatte, zurief: „Utku, du verteidigst wie meine Oma!“ Dann brachte ausgerechnet der so gescholtene Sen die Gäste nach einem schnellen Spielzug aus Nahdistanz in Führung (21.). Nur zwei Minuten später wollte HMTV-Torwart Lasse Wolff eine hohe Flanke fangen. Dabei rutschte ihm der Ball jedoch durch seine Hände und der hinter ihm stehende Manuel Janzer reagierte blitzschnell, indem er das Spielgerät per Hacke zum 0:2 in das verwaiste Gehäuse lenkte.
Wolff wurde sofort von seinen Mitspielern aufgemuntert − und zeigte kurz darauf sein Können, als er einen Flachschuss, mit dem Steven Lewerenz von halbrechts aus das lange Eck anvisierte, stark hielt. Dass Wolff schon nach einer halben Stunde ausgewechselt wurde, hatte auch keine Leistungsgründe: „Wir haben drei Torhüter im Kader, die alle ihre Spielzeit bekommen sollten“, erklärte HMTV-Trainer Marc Zippel diese Maßnahme. Während ein Storch über das Deichstadion flog und die Fähigkeiten der Kieler, die aufgrund der Farben ihrer Bekleidung einst den Spitznamen „Störche“ erhielten, in Augenschein nahm, gelang Janni Serra nach einer Linksflanke per Flugkopfball das 0:3 (31.). Auf der Gegenseite hielt Reimann auch Wicherns zweiten Schuss und als ein Kieler im eigenen Strafraum Jesse Plüschau ungestüm attackierte, blieb die Pfeife von Schiedsrichter Kevin Rosin (von der SV Lieth) stumm. „In dieser Szene hätten wir einen Elfmeter bekommen können“, haderte Marc Zippel.
Ärgerlich aus HMTV-Sicht war auch, dass in der Schlussphase der ersten Halbzeit die Kieler Dominic Peitz nach einer Linksflanke per Kopf gegen die Laufrichtung von Neu-Keeper Alexander Bandholt (44.) sowie Serra nach einem schnellen Spielzug über die linke Seite (45.) zum 0:5-Pausenstand erhöhten. Während die Teams in der Kabine weilten, wurde Steffen Schneekloth, Präsident der KSV Holstein und renommierter Spielerberater, interviewt. Ebenso wie Walter bei der Pressekonferenz nach dem Abpfiff lobte auch Schneekloth die Hetlinger ausdrücklich für deren „perfekte Organisation“. Zudem erwarb der Präsident eine Rasen-Parzelle, die die Hetlinger bei ihrer Aktion „Kunstrasen-Saison 2018/ 2019“ zum Verkauf anboten. „Auch diesbezüglich war es ein gelungener Abend“, sagte der Hetlinger Marketingverantwortliche Alexandré Thomßen, der sich um den Verkauf der Rasen-Stücke und der Spezial-Edition der HMTV-Becher, dessen Erlös auch der Hetlinger Kirche zugutekommt, kümmerte.
Für den zweiten Durchgang schickte Marc Zippel zehn neue, frische Feldspieler auf den Platz. Harun Ileri hatte auch gleich eine gute Chance, zielte aber links am kurzen Eck vorbei (51.). Kurz darauf übernahm Daniel Kleinwort den Posten zwischen den Pfosten des HMTV-Gehäuses. Der 30-Jährige zeigte einige starke Paraden, ehe Maximilian Heilborn im eigenen Strafraum Lewerenz foulte. Den fälligen Elfmeter verwandelte David Kinsombi in die von ihm aus gesehen linke Ecke zum 0:6 (65.). „Er hat so lange gewartet, bis ich mich für die andere Ecke entschieden hatte“, erklärte Kleinwort, der eigentlich als „Elfmeter-Killer“ bekannt ist, nun aber letztlich stehen blieb. Dem Hetlinger Ehrentreffer kam kurz darauf Fatih Simsek am nächsten: Seine satte 16-Meter-Direktabnahme ging knapp rechts am Ziel vorbei (67.). Auf der Gegenseite nutzte Heinz Mörschel eine Rechtsflanke zum 0:7 (68.).
Nachdem Kleinwort stark gegen Kinsombi gerettet hatte, zappelte der Nachschuss von Tobias Fleckstein zum 0:8 im Netz (78.). Dann konnte Benjamin Girth nach einer Rechtsflanke unbedrängt einköpfen (0:9/ 81.) und das Hetlinger Ziel, nicht zweistellig zu verlieren, geriet in Gefahr. In der 89. Minute passierte schließlich das, was die Heim-Elf unbedingt vermeiden wollte: Nach einer weiteren Rechtsflanke traf Girth zum 0:10. Unmittelbar danach beendete Kevin Rosin die Partie dann. „Immerhin haben wir uns auch vom Ergebnis her besser verkauft als vor drei Jahren gegen den FC St. Pauli“, sagte Marc Zippel in Erinnerung daran, dass es 2015 gegen die Kiez-Kicker eine 0:13-Pleite gegeben hatte (SportNord berichtete, siehe unten stehenden Link). Zudem registrierte der Coach erfreut, dass seine Elf „fünf gute eigene Chancen besessen“ und „stets fair agiert“ habe. Und unter dem Strich dürfe „der letzte Gegentreffer die Freude nicht trüben, denn es war ein großartiger Abend“, betonte Marc Zippel abschließend.