
Nachdem der SVS Mesopotamien am 6. April sein Kreisliga-Spiel beim FK Nikola Tesla II abgebrochen hatte, als Trainer Michel Aydogdu seine Mannschaft beim Stand von 2:0 für die Tesla-Reserve während der zweiten Halbzeit vom Spielfeld beorderte, beschäftigte sich am Mittwoch das Sportgericht des Hamburger Fußball-Verbandes mit den Geschehnissen. Es entschied, die Partie mit 3:0 für Nikola Tesla II zu werten und gegen „Meso“ eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro zu verhängen; zudem muss der SVS die Verfahrenskosten in Höhe von 80 Euro tragen.
Folgende Stellungnahme gab der Vorstand des SVS Mesopotamien am Donnerstag ab:
„Am Sonntag, 6. April, kam es beim Punktspiel zwischen SVS Mesopotamien und dem Verein Nikola Tesla zu einem vorzeitigen Spielabbruch. Der SVS Mesopotamien möchte in dieser Mitteilung seine Sicht der Ereignisse darlegen und auf strukturelle Missstände aufmerksam machen.
Bereits zu Beginn des Spiels fiel ein frühes Tor für die Heimmannschaft. Kurz darauf erzielten wir aus unserer Sicht den regulären Ausgleich – der Ball überschritt klar die Torlinie. Doch das Tor wurde nicht anerkannt, was im direkten Gegenzug zum 2:0 für Nikola Tesla führte.
Im weiteren Spielverlauf häuften sich fragwürdige Entscheidungen des Hauptschiedsrichters, die konsequent zu unserem Nachteil ausfielen. Gelbe Karten wurden auffällig einseitig verteilt, während klare Fouls gegen unsere Spieler ungeahndet blieben. Diese Tendenz hinterließ den Eindruck einer parteiischen Spielleitung.
Ein besonders kritischer Vorfall ereignete sich nach einer Roten Karte gegen einen unserer Spieler: Unser Kapitän (afrikanische Herkunft) versuchte das Gespräch mit dem Schiedsrichter zu suchen, um deeskalierend zu wirken. Die Reaktion des Schiedsrichters: „Mit sowas wie dir rede ich nicht.“ Diese Aussage empfinden wir als respektlos, diskriminierend und inakzeptabel – besonders im Kontext eines Sports, der von Fairness und gegenseitigem Respekt lebt.
Unser Trainer entschloss sich in der Folge dazu, die Mannschaft geschlossen vom Spielfeld zu nehmen. Diese Entscheidung fiel aus Verantwortung gegenüber der Mannschaft und im Interesse der sportlichen Integrität.
Aufgrund der erschütternden Ereignisse waren die Spieler sowohl körperlich als auch seelisch nicht mehr in der Verfassung, das Spiel fortzusetzen. Eine Weiterführung unter diesen außergewöhnlichen Umständen wäre ihnen nicht zuzumuten gewesen. Wir bitten um Verständnis für diese Entscheidung, die im Sinne des Schutzes und der Fürsorge für alle Beteiligten getroffen wurde.
Zusätzlich zeigte der Schiedsrichter im Verlauf der Partie mehrfach ein provokantes Lächeln bei der Kartenvergabe, was wir als gezielte Provokation wahrnahmen. Ein solches Verhalten ist unprofessionell und emotional belastend für Spieler, die sich auf den sportlichen Wettkampf konzentrieren möchten.
Nach dem Spiel wurden wir durch Gespräche mit anderen Vereinen auf ähnliche Vorfälle mit dem gleichen Schiedsrichter hingewiesen. Dies bestätigt unsere Sorge, dass es sich hier nicht um einen Einzelfall handelt.
Der SVS Mesopotamien ist ein Verein mit einer großen Zahl an Spielern mit Migrationsgeschichte. Leider mussten wir in der Vergangenheit wiederholt Erfahrungen mit Diskriminierung und rassistisch geprägten Vorfällen im Fußball machen. Das Spiel am 6. April reiht sich auf tragische Weise in diese Erfahrungen ein.
Wir stehen als Verein für Toleranz, Vielfalt und Fairness. Wir lehnen jegliche Form von Diskriminierung und respektlosem Verhalten entschieden ab – ganz gleich, von wem sie ausgeht.
„Wir fordern den Fußballverband eindringlich dazu auf, das abgebrochene Spiel – angesichts der belastenden Ereignisse – unter faireren und besseren Voraussetzungen neu anzusetzen. Den betroffenen Spielern muss die Möglichkeit gegeben werden, unter Bedingungen anzutreten, die ihrer körperlichen und psychischen Unversehrtheit gerecht werden.“
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(Johannes Speckner)