Vorbereitungsturnier: Schlägerei überschattet Hetlinger Raiba-Cup-Sieg

Adnan Kubat (links), hier im Duell mit dem Haseldorfer Noah Lüchau, schoss das zwischenzeitliche 2:0 für seinen Hetlinger MTV.
(Foto-Credit: Johannes Speckner)

Alle fünf Finger einer Hand nach oben haltend, zeigten es die Spieler und die Verantwortlichen des Hetlinger MTV am Donnerstagabend auf dem obligatorischen Sieger-Foto an: „Wir haben den Raiba-Cup zum fünften Mal in Folge gewonnen.“ Dass der West-Bezirksligist seiner Favoritenrolle auch beim diesjährigen Turnier um den Wanderpokal der Raiffeisenbank Elbmarsch gerecht und dafür erstmals im heimischen Deichstadion zum Sieger der prestigeträchtigen Veranstaltung wurde, war aber leider nur das eine Thema des Donnerstagabends.

Nach dem Abpfiff der ersten Partie des vierten Raiba-Cup-Spieltages, in der sich die in diesem Jahr als Gastgeber fungierenden Hetlinger vom TV Haseldorf (Kreisliga 1) mit einem 2:2-Unentschieden getrennt hatten, standen vor allem die unschönen Geschehnisse im Mittelpunkt, zu denen es nach dem 2:2-Ausgleich der Haseldorfer durch Max Krüger (66. Minute) kam. Involviert darin waren neben TVH-Ersatzspieler Max Ossenbrüggen und HMTV-Trainer Burak Bayram auch zwei Zuschauer, die den Zaun, der das Spielfeld vom Zuschauerbereich trennt, überwanden, um Bayram zu attackieren. Den HMTV-Verantwortlichen hier mangelhaften Ordnungsdienst vorzuwerfen, wäre falsch – es ist bei einem solchen Amateur-Turnier schlicht und ergreifend nicht möglich, am gesamten Spielfeldrand zu verhindern, dass Besucher den Platz betreten.

 

SportNord sprach nach dem Eklat mit beiden Übungsleitern. HMTV-Trainer Burak Bayram (31) erklärte:

„Es ist absolut unsportlich, wenn ein Tor in Richtung der gegnerischen Bank gejubelt wird. Deshalb stand ich nach dem 1:2 auch Nase an Nase mit dem gegnerischen Coach, weil er den Treffer seiner Mannschaft demonstrativ in unsere Richtung bejubelt hat. Gerade als Trainer sollte er sauber und fair bleiben! Nach dem 2:2 hat dann ein Haseldorfer Spieler demonstrativ vor unserer Bank gejubelt. Richtig ist, dass ich zwei Schritte in seine Richtung gemacht und ihn geschubst habe, ja. Aber ich habe ihm definitiv kein Bein gestellt und auch nicht so geschubst, dass er hätte umfallen müssen – er hat das dankbar angenommen, um theatralisch zu fallen.

Plötzlich habe ich gespürt, dass mich zwei Menschen von hinten gepackt haben. Ich wurde am Hals gekratzt und heruntergerissen. Ich habe mich mit beiden Armen gewehrt, bin aber mit den beiden Angreifern zusammen zu Boden gegangen. Zum besseren Verständnis: Ich wiege 105 Kilo, und wir lagen dann auf dem Rasen. Wir haben dieses Spiel so, wie jedes andere, auf Video aufgenommen – mir liegt also alles, was passiert ist, in bewegten Bildern vor. Ich habe eine Wunde an der linken Wange und Kratzspuren links am Hals (Anmerkung der Redaktion: Diese beiden Wunden waren eine Stunde nach den Geschehnissen noch gut zu erkennen) sowie einen Cut an der Lippe erlitten. Aber das hat mir nichts ausgemacht, ich stecke das weg.

Viel trauriger macht es mich, dass speziell von Haseldorfer Seite schon während der ganzen Turnierwoche, ganz besonders aber vor dem Duell für eine unschöne, giftige Stimmung gesorgt worden ist. Auf der Instagram-Seite des TVH wurde zur Einstimmung auf das Derby ein Lied gespielt, in dem die Worte „Hass“ und „dann klatscht es“ gefallen sind (Anmerkung der Redaktion: Es handelt sich um das Lied „Datt is Derby“ von M.I.K.I.). Wir spielen Fußball, da sollte es keinen Hass geben. Und natürlich darf es auch keine körperlichen Auseinandersetzungen geben – aber wer vorher so Stimmung macht, wie es die Haseldorfer getan haben, muss sich nicht wundern, wenn dann so etwas passiert.“

 

Der Haseldorfer Coach Benjamin Kälberloh (39) hatte folgende Sicht auf die Geschehnisse:

„Unsere Auswechselspieler haben sich neben unserem Tor warmgemacht. Als Max Krüger das 2:2 geschossen hat, sind sie zu ihm und zu unseren Fans gelaufen, um dort mitjubeln zu können. Dabei mussten sie an der Hetlinger Coaching-Zone vorbeilaufen. Ich habe nur gesehen, dass Max Ossenbrüggen plötzlich vor der Hetlinger Bank am Boden lag. Die Mutter eines Spielers hat mir erzählt, dass der Hetlinger Trainer ihm ein Bein gestellt und ihn geschubst habe. Daraufhin sind dann zwei Familienmitglieder von Max Ossenbrüggen über die Absperrung geklettert und es kam zu einer körperlichen Auseinandersetzung.

Was genau dabei passiert ist, wer wem was getan hat, habe ich nicht gesehen. Der eine Angehörige von Max Ossenbrüggen soll einen Cut unter dem Auge erlitten haben. Dass Zuschauer von uns über den Zaun klettern, ist ein Unding: Das geht gar nicht, das unterstütze ich in keiner Weise. Aber dass Spieler von uns von gegnerischen Offiziellen körperlich angegangen werden, geht auch gar nicht. Verbale Scharmützel sind das eine, ich stand ja nach unserem Tor zum 1:2 auch Nase an Nase mit dem gegnerischen Trainer. Aber sobald es körperlich wird, hat das noch einmal eine andere Qualität: Das ist ein absolutes Unding, das darf einfach nicht passieren.

Dass ich unseren Anschlusstreffer in Richtung der gegnerischen Bank bejubelt habe ist richtig, ja. Aber das habe ich nur gemacht, weil ein Hetlinger Spieler die ersten beiden Tore demonstrativ vor unseren Fans bejubelt hat. Für derartige Aktionen gibt es in der Bundesliga die Gelbe Karte, das habe ich dem gegnerischen Trainer auch gesagt. Und ich habe ihn darauf hingewiesen, dass unser Tor von den Zuschauern lauter bejubelt worden ist, als die beiden vorherigen Hetlinger Treffer zusammen.“

 

Zum Sportlichen: Die Hetlinger waren zunächst klar der Herr im eigenen Hause und schienen auf dem besten Weg zu sein, auch ihr viertes und letztes Turnierspiel zu gewinnen. Hatten sie am Vorabend beim 4:0-Sieg gegen den TSV Holm (A-Kreisklasse 1) in der ersten Halbzeit noch Chancenwucher betrieben – Pausenstand war 0:0 –, so drückte sich ihre spielerische Dominanz nun immerhin in zwei Treffern aus. Erst versenkte Samet Baygündüz eine Linksflanke von Gianini Balasea im Fallen zwischen zwei Haseldorfern zum 1:0 (12. Minute). Dann köpfte Flemming Christiansen nach Balaseas von rechts heranfliegendem Eckstoß den kurz vor der eigenen Torlinie stehenden TVH-Akteur Noah Lüchau an, von dessen Rücken der Ball zu Adnan Kubat prallte, der ihn an den Haseldorfern Michel Lienau und Noah Lüchau vorbei brachial zum 2:0 versenkte (30.).

Die Fronten schienen geklärt und der Turniersieg der Hetlinger – zur Sicherung des ersten Platzes genügte ihnen bereits ein Unentschieden – perfekt zu sein. Doch kurz vor der Pause der über zweimal 35 Minuten ausgetragenen Partie kamen die Haseldorfer plötzlich zum 1:2-Anschluss, als Jonas Broberg einen Abpraller versenkte (33.). Der Argumentation der HMTV-Offiziellen, dass es zuvor ein Foul gegeben habe, schloss sich Schiedsrichter Timo Rehder (Heidgrabener SV) nicht an. „Leider haben wir uns nach einer guten ersten Halbzeit im zweiten Durchgang zu sehr dem Gegner angepasst“, haderte Bayram, der eigentlich das Ziel vorgegeben hatte, alle vier Turnierspiele zu gewinnen.

Dies wäre den Hetlingern vielleicht auch gelungen, wenn es zwischen ihrem Torwart Lasse Wolff und Außenverteidiger Flemming Christensen nicht zu einem Missverständnis gekommen wäre. Dieses nutzte der letztjährige Raiba-Cup-Torschützenkönig Max Krüger zum 2:2 (66.). In der Nachspielzeit hätte Broberg sogar um ein Haar noch den 3:2-Siegtreffer für das klassentiefere Team erzielt, mit dem die Haseldorfer die Chance gehabt hätten, am Freitag, 14. Juli, wenn die Hetlinger turnusmäßig spielfrei haben, durch einen Sieg mit acht Toren Differenz gegen den Kreisliga-Neuling Moorreger SV zum Turniersieger zu werden. Aber Brobergs satten 20-Meter-Schuss hielt Wolff stark – und er verhinderte damit auch eine mögliche weitere, noch schlimmere Eskalation.

(Johannes Speckner)

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