Kreisliga 5: Reichmann-Kritik am Referee und an neuer Regel


Lange brodelte es in Kevin Reichmann und er ging in sich. Nun machte der Trainer des SC Osterbek seinem Unmut über das von unschönen Szenen geprägte Kreisliga-Spiel seines Teams bei TuRa Harksheide II (3:4 am 29. Februar) Luft und äußerte sich über den dortigen Schiedsrichter Hesam M.; außerdem bezog der 29-Jährige eine klare Meinung zu der für die kommende Saison geplante Regel, dass es bei einer Tätlichkeit gegen den Referee Punktabzüge für das Team des „Täters“ geben soll ...


Kevin Reichmann äußerte sich über ...

... den Verlauf des Spiels bei Harksheide II: „Die Partie war nicht übermäßig unfair. Allerdings ist Hektik aufgekommen dadurch, dass der Schiedsrichter extrem einseitig für die Harksheider und gegen uns gepfiffen hat: Wir haben für fast jedes Foul eine Gelbe Karte kassiert, während ein Harksheider für eine Notbremse nicht einmal verwarnt worden ist – immerhin haben wir den verhängten Freistoß zum 3:1 verwandelt. Da der Referee nur mit einem Assistenten angereist war, übernahm ein Unparteiischer von Harksheide den vakanten Posten an der Linie. Er hat, als wir mit 3:1 führten, zu einem TuRa-Spieler gesagt: ‚Spielt einfach ruhig weiter, wir regeln das schon.‘ Dem 2:3-Anschlusstreffer der Harksheider ging dann beispielsweise ein klares Stürmerfoul voraus. Ich habe diese Szene auf Video mehreren erfahrenen Schiedsrichtern gezeigt und alle haben gesagt, dass es ein Foul war.“

... die Beleidigungen gegen seine Schützlinge: „Für unsere farbigen Spieler wurde die Partie mit fortlaufender Spielzeit zu einem Spießrutenlauf. Sie wurden als ‚Neger‘ beschimpft. Zudem hieß es: ‚Bimbo, hol den Ball‘ und ‚Affe geh zurück nach Afrika‘. Das hat mich extrem gestört, denn bei den Spielern, die beleidigt worden sind, handelt es sich um Flüchtlinge, die wir nach Kräften bei ihrer Integration in Deutschland unterstützen: Wir helfen ihnen unter anderem dabei, Deutsch zu lernen … Sie sind einfach sehr liebevolle Menschen, die ich noch nie so traurig gesehen habe wie an diesem Tag. Noch erschreckender fand ich es allerdings, dass der Schiedsrichter bei einer dieser Szenen, in denen in der dritten Minute der Nachspielzeit das Wort ‚Neger‘ verwendet wurde, direkt danebenstand, aber nichts gemacht hat.“

... die Tätlichkeit seines Spielers gegen den Schiedsrichter: „Nachdem der Schiedsrichter nichts dagegen getan hat, dass einer unserer Spieler als ‚Neger‘ beschimpft worden ist, wollte ihn ein anderer unserer Spieler zur Rede stellen, weshalb er diese Beleidigung nicht sanktioniert. Er hat gesagt: ‚Der Schiri steht daneben, wenn mein Mitspieler als Neger beleidigt wird, und sagt nichts.‘ Anschließend hat er mit seiner rechten Schulter den Referee gegen dessen linker Schulter gestoßen.“

... die im Hamburger Abendblatt erhobenen Vorwürfe gegen seinen Rot-Sünder: „Im Abendblatt stand, dass unser Spieler zweimal in das Gesicht des Schiedsrichters geschlagen hat. Das muss ich eindeutig dementieren: Nach dem Stoßen gegen die Schulter des Unparteiischen, das ich keinesfalls gutheiße oder entschuldigen möchte, ist unser Spieler sofort von seinen Mitspielern abgeschirmt, beruhigt und vom Schiedsrichter ferngehalten worden. Der Unparteiische hat richtigerweise die Rote Karte gezückt, die Partie aber nicht abgebrochen, sondern noch etwa 30 Sekunden weiterspielen lassen, ehe er sie regulär abgepfiffen hat. Unser Spieler wollte sich später beim Schiedsrichter für seine Tätlichkeit entschuldigen, was der Referee aber leider vehement abgelehnt hat.“

... seine eigenen Erfahrungen mit dem Schiedsrichter: „Als ich eine Entscheidung des Schiedsrichters infrage gestellt hatte, baute er sich mit zwei geballten Fäusten vor mir auf. Es waren vielleicht noch zehn Zentimeter zwischen unseren Gesichtern, als er mir sagte: ‚Ich mache die Regel, nicht du.‘ Daraufhin wollte ich ihm die Hand reichen, die er dann aber mit seiner Faust weggeschlagen hat – so etwas habe ich noch nie erlebt. Ich habe anschließend mit mehreren Trainerkollegen gesprochen, die mit diesem Referee auch schon negative Erfahrungen gemacht haben. Sie wollten sich aber nicht öffentlich über ihn äußern, weil sie Angst haben, dass ihr Team darunter leiden und in der Zukunft benachteiligt werden könnte.“

... die Anschuldigungen des Schiedsrichters, dass er ihn beleidigt habe: „Ich habe die vom Referee erhobenen Vorwürfe, dass ich ihn beleidigt und zu der Tätlichkeit meines Spielers beigetragen hätte, auf das Schärfste von mir gewiesen. Ich habe beruhigend auf meine Spieler eingewirkt und ihnen in der Pause gesagt, dass wir ‚heute gegen zwölf spielen und ruhig unser Spiel durchziehen‘ müssen. Die Tätlichkeit kam aus der Implosion eines Einzelnen heraus, für die ich nichts kann und die ich absolut verurteile: Gewalt ist niemals eine Lösung und mit nichts zu rechtfertigen.“

... die Reaktion des Hamburger Fußball-Verbandes: „Ich habe reflektiert und nachdem einige Tage ins Land gegangen waren in aller Ruhe ein Schreiben an den HFV verpasst, in dem ich die Eindrücke, die ich mit diesem Schiedsrichter sammeln musste, geschildert habe. Leider haben die Verbandsmitarbeiter diesbezüglich aber auf die Tatsachenentscheidungen des Unparteiischen verwiesen. Wenn es um das Thema Rassismus geht, finde ich es allerdings beschämend, sich hinter Tatsachenentscheidungen zu verstecken. Und ich möchte hiermit noch einmal klarstellen, dass es mir keinesfalls darum geht, alle Schiedsrichter an den Pranger zu stellen: Es gibt viele sehr gute Unparteiische – aber leider auch einige schwarze Schafe, deren Launenhaftigkeit und Willkür wir als Trainer sowie Vereinsverantwortliche uns nicht klaglos aussetzen sollten.“

... den für die kommende Saison beschlossenen Punkt-Abzug im Falle von Tätlichkeiten gegen den Schiedsrichter: „Ich sehe diese Kollektivstrafe sehr kritisch. Sicher, wenn eine ganze Mannschaft auf den Schiedsrichter losgeht, wäre ein solcher Punktabzug das richtige Strafmaß. Aber in unserem Fall war es so, dass ein Einzelner ausgerastet ist, den Schiedsrichter geschubst hat – und innerhalb weniger Sekunden fünf Mitspieler dafür gesorgt haben, dass er vom Referee getrennt wird. Trotzdem wären uns in der kommenden Saison gemäß des neuen Strafenkatalogs für diese Aktion drei Punkte abgezogen worden, die am Ende im Kampf um den Klassenerhalt entscheidend sein könnten. Meiner Meinung nach ist dies der falsche Weg – denn die Implosion eines Einzelnen, der in so einer Situation nicht rational agiert, kann kein Verantwortlicher verhindern oder schon im Vorfeld entsprechend reagieren.“

... die möglichen Folgen der besagten Drei-Punkte-Strafe: „Diese Sanktion würde meiner Meinung nach nur dazu führen, dass Spieler, die sich einmal einen Ausraster erlaubt haben, zukünftig keine zweite Chance mehr in einer Mannschaft bekommen. Ich möchte noch einmal klarstellen, dass ich Gewalt in jeder Form strikt ablehne. Aber nehmen wir einmal ein Beispiel aus dem alltäglichen Leben: Wenn ich mit einem Bekannten unterwegs bin und dieser plötzlich einen anderen Menschen schlägt, würde ich dafür auch nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Aber die neue Regel wird leider kommen und wir alle müssen damit leben. Womit ich allerdings gar nicht leben kann, ist, dass es von Harksheider Seite im ‚Abendblatt‘ so hingestellt wurde, dass wir als SC Osterbek ‚ein Paradebeispiel für die neue Regel‘ seien: Wir sind keine Schläger-Truppe und haben uns in der Vergangenheit überhaupt nichts zu Schulden kommen lassen.“

... den schlechten Start in die Restrunde: „Wir haben über mehrere Wochen eine sehr intensive, nahezu traumhafte Vorbereitung absolviert. Nach dem Spiel bei Harksheide fühlten wir uns um unsere Arbeit betrogen: Wenn man selbst an einer Niederlage Schuld hat, weil man keine Leistung zeigt, ist das etwas anderes, als wenn man dermaßen benachteiligt wird. Ich denke, dass die Nachwehen des Harksheide-Spiels auch noch bei unserer 2:3-Heimpleite gegen den SV Barmbek zu spüren waren.“

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