
Zu Beginn dieser Woche wurden Nägel mit Köpfen gemacht: Am Montagabend einigten sich Michael Fischer und die Verantwortlichen des SV Rugenbergen auf einen Ein-Jahres-Vertrag für die kommende Saison – einen Tag später gaben die SVR-Offiziellen dann bekannt, dass „Fischi“ im Sommer das Traineramt von Andjelko Ivanko übernimmt (SportNord berichtete, siehe unten stehenden Link). Der 52-Jährige, der in Appen im Kreis Pinneberg lebt und aktuell noch den West-Bezirksligisten FC Roland Wedel betreut, nahm sich anschließend Zeit für ein Interview mit SportNord ...
SportNord: Lassen Sie uns zunächst einmal über Ihre aktuelle Aufgabe reden: Wie kam es, dass Sie am Sonntag bei der 1:4-Niederlage im wichtigen Bezirksliga-Kellerkrimi gegen den 1. FC Quickborn vier Alt-Herren-Spieler einsetzen mussten?
Fischer: „Dass unser eigener Kader knapp ist, ist kein Geheimnis. Deshalb hatten wir Anfang Januar die klare, vereinsinterne Absprache getroffen, dass die Ersten und die Zweiten Herren nicht nur zusammen trainieren, sondern die Spieler des Reserve-Teams uns auch zur Verfügung stehen, wenn wir Unterstützung benötigen – gerade in den wichtigen Partien gegen den FCQ sowie beim SV Eidelstedt, SC Sternschanze II und SC Pinneberg. Am Sonnabendabend hat mich Tugay Hayran (Anmerkung der Redaktion: Spielertrainer der Zweiten Herren) dann aber via WhatsApp davon unterrichtet, dass seine Schützlinge lieber komplett die Kreisliga-Partie gegen den SC Cosmos Wedel angehen wollen ...“
SportNord: ... haben Sie dafür Verständnis, weil es ein Stadt-Derby war?
Fischer: „Nein, dafür fehlt mir jegliches Verständnis. Stadt-Derby hin, Stadt-Derby her: Fakt ist, dass für die Zweite Mannschaft in der Kreisliga 7, in der sie zurzeit Tabellen-Dritter ist, nach oben nichts mehr geht, da der Vorsprung des Spitzenreiters FTSV Komet Blankenese und des Rang-Zweiten SV Lohkamp zu groß ist. Ich gehe sogar soweit und sage: Zur Not hätte das Kreisliga-Derby kampflos verloren gegeben werden müssen – wichtig für den FC Roland wäre es gewesen, dass die besten Spieler des Vereins, zu denen eben auch einige Akteure der Zweitvertretung gehören, gegen den FCQ antreten und mit einem positiven Ergebnis einen großen Schritt in Richtung Klassenerhalt machen. Wobei ich noch sagen möchte, dass die Alt-Herren-Leihgaben eine hervorragende Leistung gezeigt haben: Vor allem Andree Otto war als Libero bärenstark und wenn wir unsere zahlreichen guten Torchancen genutzt hätten, wäre ein Sieg möglich gewesen. Erst, als am Ende die Kräfte nachließen, haben die Quickborner ihre Konter geschickt vorgetragen und uns das Nachsehen gegeben.“
SportNord: Würden Sie sich ein Machtwort vom Vorstand in Richtung der Zweiten Herren wünschen?
Fischer: „Von der Vereinsführung wird eine solche Ansage nicht kommen, da sie Angst hätte, dass die Spieler der Zweiten Herren dem Klub dann geschlossen den Rücken zukehren. Leider ist es ja schon seit Jahren so, dass die Zweite Mannschaft bei Roland Wedel ein ‚Verein im Verein‘ ist und ihre Spieler kein Interesse daran haben, sich in das Klubleben mit einzubringen. Bei unserem vereinsinternen Hallenturnier, auf das noch ein gemütliches Beisammensein folgte, war beispielsweise kein einziger Aktiver des Reserve-Teams zugegen. Dass einige Spieler der Zweiten Herren im vergangenen Sommer den Aufstieg in die Bezirksliga als Saisonziel ausgegeben haben, habe ich nicht verstanden: Erstens hätten die Spieler, die gut genug sind – und das sind in Tugay Hayrans Kader einige! –, in der Liga-Mannschaft schon jetzt auf Bezirksebene kicken können, dafür hätten sie quasi nur eine Kabine weiter gehen müssen ... Aber sie wollen lieber unter sich sein und mit ihren Freunden kicken. Und zweitens müssten sie, wenn sie tatsächlich aufsteigen sollten, unseren Klassenerhalt vorausgesetzt in der Bezirksliga Süd oder in der Nord-Staffel antreten, was in meinen Augen kein erstrebenswertes Ziel sein kann.“
SportNord: Wie sehen Sie die Zukunft des FC Roland?
Fischer: „Der Verein wird es auch, weil er keine einzige Jugend-Mannschaft hat, in der kommenden Saison schwer haben, auch nur ein Herren-Team zum Spielbetrieb zu melden. Ich wünsche den Verantwortlichen da wirklich nur das Beste, aber es wird eng. Enttäuschend war, dass sich Daniel Schröder, nachdem er vom Hamburger Fußball-Verband bis zum Saisonende gesperrt worden war, kein einziges Mal mehr gemeldet hat; dem Vernehmen nach trainiert er beim Oberligisten TuS Osdorf mit. Jonathan Beltifa, der beste Freund von Schröder, hat sich in der Winterpause ebenfalls einfach so verabschiedet. Und Hendrik Ramcke hat es vorgezogen, sich dem Staffel-Rivalen Hetlinger MTV anzuschließen, obwohl ihm klar war, dass der FC Roland in der Winter-Transferperiode keinem Akteur die Freigabe erteilt, weshalb er im Frühjahr kein einziges Pflichtspiel für seinen neuen Verein absolvieren kann. Das hat unsere Personalnot noch einmal dramatisch vergrößert und im Sommer wird es weitere Abgänge geben. Es wäre deshalb sehr wichtig für den FC Roland, dass ein Trainer gefunden wird, der ein paar Spieler mitbringt.“
SportNord: Gab es einen Moment, an dem Sie überlegt haben, die Brocken in Wedel hinzuwerfen?
Fischer: „Nein, ein solcher Schritt entspräche nicht meinem Denken und meiner Handlungsweise. Ich bin zu hundert Prozent motiviert, den FC Roland zum Klassenerhalt zu führen. Ich will weder meinen Hut nehmen noch am Saisonende sportlich absteigen. Natürlich gab es in den vergangenen Wochen und Monaten viele frustrierende Momente – nicht nur in Form von Niederlagen, sondern auch in Bezug auf die Anzahl der Spieler, die an den Übungseinheiten teilnahmen. Aber ich blicke positiv in die Zukunft, denn wir haben noch zahlreiche Duelle mit direkten Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt vor der Brust. Und in diesen Partien gilt es: Wir werden den Ligaverbleib nicht schaffen, indem wir einmal einen Überraschungspunkt gegen Rasensport Uetersen oder den Kummerfelder SV holen, sondern müssen gegen die anderen Teams von unten punkten.“
SportNord: Setzen Sie dabei auch auf die Unterstützung der Zweiten Herren?
Fischer: „Nein, deren Akteure spielen in meinen Planungen keine Rolle mehr. Meine Spieler haben, nachdem sie am vergangenen Sonntag dermaßen im Stich gelassen worden waren, gesagt: ‚Wir steigen lieber mit unserem eigenen Kader ab, als dass wir mit der Hilfe der Zweiten Herren die Klasse halten.‘ Wir werden auch in den kommenden Wochen auf die Unterstützung der Alten Herren bauen, deren Spieler eine beachtliche Vereinstreue vorleben und sich gerne für die Liga-Mannschaft ihres Klubs aufopfern.“
SportNord: Werfen wir einmal einen Blick auf Ihre kommende Aufgabe: Wie sicher sind Sie, in der nächsten Saison einen Oberligisten zu trainieren?
Fischer: „Ziemlich sicher! Wenn wir uns die aktuelle Tabelle in der Oberliga Hamburg einmal anschauen, stehen mit dem Schlusslicht Bramfelder SV und dem Vorletzten Meiendorfer SV, der mit seinem in der Winterpause komplett neu formierten Team meiner Meinung nach keine fünf Punkte mehr holen wird, zwei Absteiger schon so gut wie fest. In der Hoffnung, dass nur noch ein drittes Team den Gang in die Landesliga antreten muss und nicht aufgrund der Entwicklung in der Regionalliga ein vierter Absteiger notwendig wird, hat Rugenbergen bei nun sieben Punkten Vorsprung auf den Drittletzten TSV Buchholz 08 beste Chancen, die Liga zu halten. Auch hier werden die direkten Duelle entscheidend sein: Rugenbergen spielt noch zuhause gegen Buchholz sowie die ebenfalls gefährdeten Teams des USC Paloma und FC Union Tornesch. Zuversichtlich stimmt mich zudem die Formkurve, die definitiv nach oben zeigt: In den letzten fünf Liga-Spielen gab es drei Siege sowie zwei Unentschieden.“
SportNord: Wann und wie werden Sie die Kader-Planungen beim SVR für die kommende Saison forcieren?
Fischer: „Ich werde am Sonnabend, 14. März von morgens früh bis abends spät im Sportzentrum Bönningstedt weilen und nacheinander mit jedem Spieler aus dem aktuellen Kader ein halbstündiges Gespräch führen. Sollte es Akteure geben, die an jenem Tag keine Zeit haben, werden wir zeitnah einen Ausweich-Termin finden. Klar ist, dass sowohl der SVR-Vorstand als auch ich die meisten Spieler aus der derzeitigen Mannschaft gerne halten würden. Nach dem 14. März wissen die Aktiven, was ich von ihnen und mit dem Verein erreichen möchte – und ich kann mir ein erstes Bild davon machen, wo die Spieler ihre Zukunft sehen. Ich denke, nach einer zwei-, dreiwöchigen Bedenkzeit werden die Akteure uns dann Ende März bis Anfang April eine Rückmeldung geben, ob sie bei uns bleiben wollen oder nicht. Wie gesagt: Ich möchte gerne viele Spieler halten – es kann ja aber auch sein, dass gerade von den Kickern, die Ivanko zum SVR gelotst hat, einige andere Zukunftspläne haben.“
SportNord: Wie sieht es mit Neuzugängen aus?
Fischer: „Ich habe David Fock (Anmerkung der Redaktion: Mitglied des SVR-Managements) eine Liste gegeben. Auf ihr stehen die Namen von 25 Spielern, die aktuell entweder im gehobenen A-Jugend-Bereich oder im Herren-Bereich von der Oberliga bis zur Bezirksliga kicken und die für den SVR interessant sind. Klar ist, dass wir gerne ein paar neue Spieler nach Bönningstedt lotsen würden. Aber andererseits hoffen wir auch darauf, dass die Spieler, die sich in den vergangenen Wochen und Monaten schwere Verletzungen zuzogen, mit dem Beginn der neuen Saison beziehungsweise im Herbst 2020 wieder mitwirken können. Zudem kehrt Jan Düllberg, der aktuell im Ausland weilt, dann nach Norddeutschland zurück – und er hat mir bereits geschrieben, dass er sich sehr auf unsere Zusammenarbeit freut.“
SportNord: Welche sportliche Zielsetzung peilen Sie mit dem SVR in der kommenden Saison und, falls es zu einer Vertragsverlängerung kommt, darüber hinaus an?
Fischer: „Von den finanziellen Möglichkeiten her, ist der SV Rugenbergen im unteren Mittelfeld der Oberliga angesiedelt. Mindestens dort wollen wir uns also auch sportlich bewegen: Der Klassenerhalt hat immer die oberste Priorität, wobei er möglichst nicht erst am letzten Spieltag und aufgrund der um einen Treffer besseren Tordifferenz gegenüber dem punktgleichen, ersten Absteiger perfekt gemacht werden sollte ... Aufgrund des aktuellen Verletzungspechs hoffe ich, dass wir zukünftig von schweren Blessuren verschont bleiben. Langfristig betrachtet wäre es schön, wenn Rugenbergen sich in der Oberliga in der oberen Tabellenhälfte etablieren könnte. Und hier sehe ich gute Chancen, wenn es uns gelingt, immer wieder junge Spieler für den Verein zu begeistern. Hierbei schauen wir beispielsweise auch auf die A-Jugend-Regionalliga-Teams des FC Union Tornesch und des FC Eintracht Norderstedt: Ja, bei den Torneschern haben schon einige Talente zugesagt, in der kommenden Saison dem Liga-Kader anzugehören. Aber dies trifft ja nicht auf alle Spieler zu und gerade für diejenigen, die nicht in Tornesch, sondern eher im Osten des Kreises Pinneberg wohnen, könnten wir eine interessante Adresse sein. Gleiches gilt für die Nachwuchsspieler der Norderstedter Eintracht, deren A-Jugend ja interessanterweise vom langjährigen SVR-Coach Ralf Palapies betreut wird und deren Herren-Trainer Jens Martens ich sehr gut kenne und schätze. Aber Martens wird im Sommer nicht alle A-Jugendlichen in seine Mannschaft hochziehen und aus Norderstedt ist es auch nicht allzu weit nach Bönningstedt ...“
SportNord: Stichwort Tornesch: Denken Sie, dass auch der FC Union die Klasse hält, und wäre es dann für Sie ein besonderes Ziel, in der kommenden Saison vor den Torneschern zu landen, um die fußballerische Nummer eins im Kreis Pinneberg zu sein?
Fischer: „Die Nummer eins in der Stadt oder in diesem Fall im Kreisgebiet zu sein, ist immer ein erstrebenswertes Ziel. Ich denke, dass die Tornescher in dieser Saison gute Karten haben, die Oberliga zu halten. Wie es dort dann weiter geht – die zahlreichen Spieler, die 2017 oder im Sommer 2018 zusammen mit Trainer Thorben Reibe vom VfL Pinneberg in das ‚Torneum‘ gewechselt sind, kommen ja langsam in die Jahre –, bleibt abzuwarten.“
SportNord: Einige Verantwortliche des VfL Pinneberg hätten Sie gerne an die Fahltsweide, wo Sie bereits von 2005 bis zum Januar 2016 tätig waren, zurückgeholt. Woran scheiterte dies?
Fischer: „Dass ich gewisse Sympathien für den Verein und einige der dort tätigen Personen hege, dürfte nach der besagten langen Zusammenarbeit keine Überraschung sein. Es ist richtig, dass wir Gespräche geführt haben. Ich habe dann aber auch schnell gesagt, dass ich in eine andere Richtung tendiere, und den VfL-Verantwortlichen eine Verpflichtung von Marc Zippel empfohlen. Dass er nun tatsächlich das Traineramt übernimmt, freut mich sehr, da ich glaube, dass er einige gute Spieler mit zum VfL bringen wird und genau der richtige Mann für diese Aufgabe ist. Ich habe ihm auch schon geschrieben, dass er mir bei Gelegenheit einmal ein Bier ausgeben muss, weil ich ihm dieses Engagement vermittelt habe ...“
SportNord: Welche Zukunftsperspektive sehen Sie für den VfL Pinneberg?
Fischer: „Zuletzt hat das VfL-Team gute Ergebnisse erreicht. Sollte dieser positive Lauf anhalten, ist vielleicht sogar noch der Klassenerhalt möglich. Allerdings haben die Pinneberger noch zahlreiche Spiele gegen Mannschaften, die in der Landesliga oben stehen, vor der Brust. Mir fehlt ehrlich gesagt der Glaube daran, dass sie auch in diesen Begegnungen punkten können – aber ich würde mich sehr freuen, wenn sie mich eines Besseren belehren und den zweiten Abstieg in Folge noch verhindern können. Unabhängig von der zukünftigen Spielklasse ist Marc Zippel meiner Meinung nach aber genau der richtige Mann, der mit seiner Fähigkeit, Spieler zu begeistern und zu Höchstleistungen zu führen, die Wende zum Guten herbeiführen wird.“
SportNord: Beim VfL Pinneberg wurde im Sommer 2018 der Etat deutlich heruntergeschraubt und der Wedeler TSV meldete im Mai 2019 nicht mehr für die Oberliga, weil die Verantwortlichen den finanziellen Aufwand nicht mehr betreiben wollten. Auch ‚Rehnelt Zeitarbeit‘ als Hauptsponsor von Rugenbergen soll im vergangenen Sommer sein Engagement verringert haben – droht dem SVR deshalb dasselbe Schicksal wie dem VfL oder dem WTSV
Fischer: „Nein, definitiv nicht. Erstens ist der SV Rugenbergen, was Sponsoren und Unterstützer angeht, sehr breit aufgestellt. Und zweitens hängt Wolfgang Borchert als Geschäftsführer von Rehnelt viel zu sehr am SVR, als dass er den Klub im Regen stehen lassen würde. Er hat beispielsweise auch schon angekündigt, dass er im Juli, wenn wir in der Saisonvorbereitung ein Trainingslager in St. Peter-Ording aufschlagen, mitreisen und dort in einem Hotel absteigen wird. Und während die Spieler in Zelten übernachten werden, will Wolfgang Borchert die Mitglieder des Trainer- und Betreuer-Teams in das Hotel einladen, was nicht nur eine feine Geste ist, sondern auch jeden Zweifel an seiner zukünftigen Unterstützung für die Fußballer des SV Rugenbergen ausräumen sollte.“