Regionalliga: Reimers macht es besser als Walter


(Foto-Credit: Johannes Speckner)

Das Steuer gerne selbst in den Händen hält Tim Walter: Der 45-Jährige lenkte selbst den Audi, in dem noch drei HSV-Mitarbeiter saßen, der am Mittwoch um 12.51 Uhr an der Ochsenzoller Straße in Norderstedt eintraf. Vor den Augen des Trainers der Profis des Hamburger SV und auch denen von Timo Schultz, der am vergangenen Freitagabend als Coach des FC St. Pauli das Zweitliga-Stadt-Duell gegen Walters Team mit 3:2 gewonnen hatte, machte es die HSV-Reserve besser und gewann das „kleine Derby“ bei St. Pauli II mit 1:0.

Das Heft des Handelns hielten die „Rothosen“ im Edmund-Plambeck-Stadion, in dem sie von 2008 bis 2013 noch selbst ihre Heimspiele ausgetragen hatten, fest in den Händen. Sie schlugen immer wieder den Weg nach vorne ein und bei der ersten Torannäherung landete ein Kopfball von Faride Alidou auf dem Tornetz. Die erste Offensivaktion der Hausherren gab es, als Aurel Loubongo-M’Boungou nach einem Eckstoß knapp über die Latte köpfte (7. Minute). Den ersten HSV-Torschuss setzte erneut Alidou von rechts aus knapp am langen Pfosten vorbei (12.). Als Hugo Miguel Santos Teixeira nach einer Freistoßflanke aus dem linken Halbfeld knapp am langen Pfosten vorbeiköpfte (14.), war dies für lange Zeit die letzte Torannäherung der Kiez-Kicker.

In der 16. Minute ging die U21 des HSV dann in Führung: Nach einem Freistoß von der linken Seite war es letztlich der aufgerückte Verteidiger Valon Zumberi, der am zweiten Pfosten traf und jubelnd abdrehte. Die „Rothosen“ waren weiterhin tonangebend und nachdem Gäste-Akteur Bent Andresen einen versuchten Doppelpass des St. Paulianers Niklas Jessen mit Jakub Bednarczyk verhindert hatte, wurde daraus ein gefährlicher HSV-Konter. Diesen konnte die Heim-Elf nur mit einem Foul unterbinden und den fälligen Freistoß setzte der Ex-St. Paulianer Robin Meißner in die gegnerische Abwehrmauer. Bei Meißners Nachschuss gab es kurze Reklamationen wegen eines Handspiels im Strafraum, aber der souveräne Schiedsrichter Jannik Schneider (vom VfR Laboe) entschied auf Weiterspielen.

„25 Minuten und keiner ist da“, beschwerte sich St. Paulis Torwart Jesper Heim lautstark, als ihn seine Mitspieler wieder einmal alleine gelassen hatten: Der Keeper parierte stark gegen Robin Velasco, der von halbrechts aus knallhart das lange Eck anvisiert hatte. Heims Appell hatte zumindest zur Folge, dass die Abwehr der Braun-Weißen in der Folge etwas besser stand – eigene gefährliche Offensivaktionen blieben aber Fehlanzeige. Und zehn Zeigerumdrehungen später nahm Velasco erneut von halbrechts aus das lange Eck ins Visier, fand jedoch wiederum in Heim seinen Meister (36.). Velascos nächster Torschuss wäre dann beinahe zur Torvorlage geworden, als Alidou den Ball am zweiten Pfosten erwischte, jedoch nur an die Oberkante der Latte setzte (38.). Der Treffer hätte gezählt, denn den Abseitsreklamationen der Hausherren zum Trotz blieb die Fahne des Schiedsrichter-Assistenten unten. „Warum pennt ihr?“, richtete Heim daraufhin erneut deutliche Worte an seine Mitspieler.

Die letzte gute Chance, den Vorsprung noch vor der Pause zu verdoppeln, bot sich wiederum Velasco, der es nach Alidous Linksflanke aber von halbrechts aus zwölf Metern nicht mit einem Torschuss versuchte, sondern noch einmal in die Mitte ablegen wollte, was misslang. So wurden die Seiten beim Stand von 0:1 gewechselt. Waren heims Ansagen auf dem Platz noch ungehört verhallt, so fand St. Paulis Trainer Joachim Philipkowski in der Kabine offenbar die richtigen Worte – denn im zweiten Durchgang schnupperte seine Elf mehrmals am Ausgleich.

Schon in der 46. Minute lag erstmals das 1:1 in der Luft, als HSV-Akteur Jonah Fabisch beinahe ein Eigentor unterlaufen wäre – der Ball ging jedoch nicht über die Torlinie, sondern „nur“ über die Torauslinie, was einen Eckstoß für die St. Paulianer zur Folge hatte. Nach diesem kam Hugo Teixeira zum Kopfball, den Andresen soeben noch auf der eigenen Torlinie klärte (47.). Als St. Paulis Niclas Nadj, der Sohn von Tibor Nadj, der von 1992 bis 1997 das HSV-Trikot getragen hatte, einen Freistoß schnell ausgeführt hatte, war Loubongo-M’Boungou schon an HSV-Keeper Steven Mensah vorbei gezogen, doch sein Abschluss war nicht präzise genug, weshalb Maxwell Gyamfi noch vor der eigenen Torlinie retten konnte (64.).

Nach 20 turbulenten Minuten stand die Gäste-Abwehr in der Folge wieder besser und der Heim-Elf ging der ganz große Angriffselan verloren. In der Schlussphase wurde es dann noch einmal aufregend: Erst versemmelte der Ex-St. Paulianer Pingdwinde Daouda Beleme, den HSV-Trainer Pit Reimers erst kurz zuvor eingewechselt hatte, gleich zweimal das mögliche 0:2 (88.). Dann zückte der Unparteiische die Gelb-Rote Karte gegen Fabisch, was den Hausherren eine knapp achtminütige Nachspielzeit in Überzahl bescherte. Einige höhe Bälle flogen noch in den Gäste-Strafraum, doch eine Chance zum 1:1 bot sich den Kiez-Kickern nicht mehr, so dass die U21 des HSV das Duell der Zweitvertretungen am Ende nicht unverdient mit 1:0 gewann.

HSV-Coach Pit Reimers erklärte auf der Internet-Seite seines Klubs: „Nach dem emotionalen Auf und Ab gegen die SV Drochtersen-Assel war es keine einfache Situation für uns. Deshalb bin ich extrem stolz darauf, wie mutig und selbstverständlich meine Mannschaft nach vorne gespielt hat und mit was für einer breiten Brust sie aufgetreten ist. Riesiges Kompliment. Der Vorwurf, den ich meinem Team machen kann, ist die Chancenverwertung. Wir müssen in der ersten Halbzeit bereits höher in Führung liegen. Ich hatte am Anfang der zweiten Halbzeit das Gefühl, dass St. Pauli eine starke Phase hatte. Aber hintenheraus hatte ich keine Sorge um den Sieg, weil ich wusste, meine Mannschaft verteidigt alles weg und ist mit voller Entschlossenheit dabei. Die Jungs wollten dieses Spiel unbedingt gewinnen, das hat man ihnen über 96 Minuten angesehen. Und deshalb ist der Sieg völlig verdient.“

St. Paulis Trainer Joachim Philipkowski, der vom November 2004 bis zum November 2005 noch die HSV-Reserve betreut hatte, wurde auf der Internet-Präsenz seines Arbeitgebers wie folgt zitiert: „Die Enttäuschung ist natürlich groß. Wir haben eine gute Vorbereitung gehabt, aber die Einstellung in der Halbzeit war enttäuschend. Das wir nur mit 0:1 in die Pause gegangen sind, war positiv. Wir waren gar nicht präsent, wollten aber eigentlich aggressiver pressen. In der zweiten Halbzeit war das dann besser, es lagen ein paar Chancen auf den Fuß. Es wäre aber unverdient gewesen, wenn wir den Ausgleich erzielt hätten. Der HSV hat hochverdient die Punkte mitgenommen.“

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