
„Ungefähr 50 Spieler“ habe er in den letzten Monaten angeschrieben, so die Schätzung von Kevin Reichmann, und sie gefragt, ob sie einmal zur Probe beim SC Osterbek mittrainieren würden und sich einen Wechsel an den Barmwisch vorstellen könnten „45 von ihnen haben gesagt, dass sie nicht auf Grand spielen wollen. Fünf haben versprochen, dass sie zum Probetraining kommen, sind aber nicht erschienen“, schilderte Reichmann, der das Traineramt beim SCO vor zwei Jahren übernommen und das Team im Sommer 2019 zum Aufstieg in die Kreisliga geführt hatte, das ernüchternde Ergebnis. Da sich im Gegenzug acht Akteure verabschiedeten, während nur ein einziger Neuzugang den Kader verstärkte, stand Reichmann zuletzt ein Team von 13 Spielern zur Verfügung.
„Mit einer so dünn besetzten Mannschaft in die neue Saison in der Kreisliga zu gehen, ergibt keinen Sinn“, stellte Reichmann fest. Auch mit Blick darauf, dass es durch Verletzungen und Sperren schnell dazu kommen könnte, dass seine Osterbeker in Unterzahl Spiele bestreiten oder schlimmstenfalls gar nicht erst antreten könnten, ergänzte der 29-Jährige: „Es wäre absehbar gewesen, dass wir nicht nur oft, sondern auch hoch verlieren – was dann dazu geführt hätte, dass die Trainingsbeteiligung noch schlechter geworden wäre und am Wochenende noch weniger Spieler zur Verfügung gestanden hätten.“ Dieser Teufelskreis hätte laut Reichmann „vermutlich bedeutet, dass wir dreimal nicht hätten antreten können und vom Spielbetrieb ausgeschlossen worden wären“. Das für den vergangenen Sonntag geplante Testspiel beim VfL Grünhof Tesperhude (A-Kreisklasse 2) sagte Reichmann ab, weil ihm gerade einmal fünf (!) Akteure zur Verfügung gestanden hätten.
Deshalb zog Reichmann am Dienstagabend einen Schlussstrich und erklärte seinen sofortigen Rücktritt als SCO-Coach. Sein Co-Trainer Stelios Avgerinos tat es ihm gleich. Nach diesem großen Knall kündigte Reichmann zudem an, sich „zeitnah einem anderen Verein anschließen“ zu wollen, und stellte noch einmal klar, dass er „keinesfalls im Bösen von den Osterbekern geschieden“ sei. Der einzige Grund für seinen Abschied sei „die jüngste Entwicklung“, so Reichmann, der präzisierte: „Leistungsmäßig ging es in den letzten beiden Jahren immer mehr nach oben – aber die Anzahl der Spieler, die zur Verfügung standen, ist immer mehr nach unten gegangen.“ Der Kader wäre im kommenden Sommer noch weiter geschrumpft, weil vier Noch-Liga-Spieler bereits ankündigten, zur Saison 2021/2022 in den Alt-Herren-Bereich wechseln zu wollen. Im Gegenzug ist das älteste Junioren-Team des SC Osterbek eine C-Jugend, so dass auch vereinsintern keine Neuzugänge akquiriert werden können.
Die personellen Engpässe führt Reichmann auf die Grandplatz-Problematik zurück: „Wir sind quasi umzingelt von Vereinen, die ihre Trainingseinheiten sowie Heimspiele auf Kunstrasen absolvieren – und das zieht die Spieler von heute geradezu magisch an.“ Damit sei es auch zu erklären, dass Klubs wie der Niendorfer TSV, SC Condor, Bramfelder SV und TuS Berne „inzwischen fünf, sechs oder acht Herren-Mannschaften haben, während andere Vereine sterben“, so Reichmann, der diesbezüglich noch einmal an seine im November 2019 bei SportNord getätigten Aussagen (siehe unten verlinkten Bericht) erinnerte: „Wenn der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg beschließt, dem Bramfelder SV lieber noch einen zweiten Kunstrasen zu bauen, einen Verein wie den SC Osterbek aber komplett leer ausgehen lässt, muss sich niemand über ein Vereinssterben wundern – und bald haben wir dann dahingehend ‚Bremer Verhältnisse‘, dass so, wie in Bremen von einem Klub mehrere Teams in einer Liga spielen ...“