
Die Lage beim Regionalliga-Vorletzten VfB Lübeck, der hoch verschuldet ist (SportNord berichtete mehrmals), spitzt sich zu. Nachdem VfB-Schatzmeister Peter Reinhardt am vergangenen Wochenende im Rahmen eines Empfanges der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen dem Wirtschaftsrat die Schuld an den Schulden gegeben hatte, traten die drei Wirtschaftsräte Ralf Dümmel, Mike Enke und Bernd Jorkisch am Montag zurück.
Folgende Erklärung verfassten Dümmel, Enke und Jorkisch:
„Der VfB Lübeck befindet sich in einer wirtschaftlich desaströsen Situation. Ein Zustand, der sich über Jahre entwickelte und früher nicht ausreichend kritisch betrachtet wurde. Eine zukunftsorientierte Strategie hätte vor Jahren, in Zeiten besserer Performance, längst erarbeitet und zur Umsetzung gebracht werden müssen. In der jüngeren Vergangenheit sind von vielen Beteiligten erhebliche Anstrengungen unternommen worden, um den Traditionsverein zu retten. Die Größenordnung der fehlenden Liquidität hat jedoch einen Rahmen angenommen, der kaum beherrschbar ist.
Einzige Chance zur Rettung des VfB Lübeck ist eine Totalsanierung: Transfer frischen Geldes von ca. 1.200.000 Euro (DFB-Bürgschaft, bereits abgerufen, von 500.000 Euro ist im Betrag enthalten). Abbau von ca. 800.000 Euro Kontokorrentschulden bei den Banken. Forderungsverzicht von ca. 1.500.000 Euro an Spielbetriebsdarlehen verschiedener Gläubiger. Dann bliebe noch ein Langfristdarlehen von ca. 1.700.000 Euro, über das auch verhandelt werden müsste – ein totaler Forderungsverzicht ist hier jedoch ziemlich aussichtslos, aber wohl auch nicht in voller Höhe zwingend erforderlich. Um dem VfB Lübeck eine nachhaltige Zukunftsfähigkeit zu verschaffen und eine DFB-Lizenz für die 4. Liga zu erhalten, bedarf es zusätzlich einer Summe von ca. 1.500.000 Euro, die es in der Folgesaison zu beschaffen gilt.
Der Wirtschaftsrat hat ein Rahmenpapier zur Sanierung des VfB Lübeck erarbeitet und sich für das Hinzuziehen externer Wirtschaftsprüfer stark gemacht. Der Wirtschaftsrat hat, unterstützt vom Beirat, erhebliche Anstrengungen unternommen, um die in der Historie entstandene, katastrophale Situation aufzuarbeiten. Ehrlichkeit, Stil und Redlichkeit gepaart mit Seriosität, das war Ziel des Wirtschaftsrates, sollte Credo, sollte Headline des VfB Lübeck sein.
Durch ehrverletzendes Verhalten aus dem zentralen Präsidium heraus ist die persönliche Betroffenheit des Wirtschaftsrates so groß geworden, dass die benötigte Kraft für das weitere Arbeiten an einer Lösung, selbst bei größtem Ehrgeiz für den VfB Lübeck, nicht mehr aufzubringen ist. Eine Entscheidung, die sehr schwer gefallen ist, gerade aufgrund eines vertrauensvollen Verhältnisses zu Fanverantwortlichen und Fans, Spielführer und Spielern, Trainer und Präsident.“
Wolfgang Piest, Präsident des VfB Lübeck, gab am Montagabend folgende Stellungnahme ab:
„Als Präsident distanziere ich mich im Namen des VfB Lübeck von Form und Inhalt der Äußerungen des Schatzmeisters Peter Reinhardt zum Engagement von Wirtschaftsratmitglied Bernd Jorkisch. Ich entschuldige mich ebenfalls im Namen des VfB Lübeck für diese Entgleisung. Es wird in Ruhe zu prüfen sein, welche Konsequenzen aus diesem Fehlverhalten zu ziehen sind.
Die Reaktion von Herrn Jorkisch und der in Solidarität durch Herrn Dümmel und Herrn Enke mitgetragene Rücktritt ist für mich nachvollziehbar, die entsprechende Erklärung sachlich haltbar.
Ich werde in den nächsten beiden Tagen daran arbeiten, einen Krisenstab zu bilden, der den eingeschlagenen Weg eines Neubeginns fortsetzen soll. Ich werde meine ganze Kraft daran verwenden, dass Auflösungserscheinungen verhindert werden und dass der begonnene Sanierungsprozess fortgesetzt wird. Mein gutes, vertrauensvolles Verhältnis zu allen drei zurückgetretenen Wirtschaftsratsmitgliedern will ich nutzen, um sie zumindest punktuell als Partner im Sanierungsprozess zu behalten.
Unser Vorhaben, am nächsten Freitag eine Pressekonferenz durchzuführen, behalten wir fest im Auge. Es sollen dann Konzeptbausteine und entsprechende Aktionen vorgestellt werden, aus denen deutlich wird, dass es nach vorn geht und ein Rückfall in alte Strukturen nicht in Frage kommt.“