
Im Sommer 2024 war die Mannschaft von Blau-Weiß Ellas II neu gegründet worden. Nachdem sie bereits am 16. November 2024 im Gastspiel beim Spitzenreiter SC Victoria Hamburg V (0:4) an unschönen Geschehnissen beteiligt war, beendete sie nun am Sonnabend ihren Auftritt beim Tabellen-Dritten 1. FC Quickborn II beim Stand von 0:1 nach knapp 70 Minuten vorzeitig. Am Montag präzisierte Ellas-Trainer Juan Ricardo Novoa Martinez die Rassismus-Vorwürfe, die er zuvor bereits auf der Instagram-Seite seines Teams formuliert hatte, auf Nachfrage von SportNord:
„Am Sonnabend mussten wir eine lange Anfahrt bewältigen, um in Quickborn spielen zu können. Die Partie begann ganz normal. Sportlich war es ein brisantes Spiel, denn als Tabellen-Fünfter, der kaum noch eine Aufstiegschance hat, waren wir zu Gast beim Rang-Dritten, der sicher noch Meister werden will. Deshalb gab es auch einige hitzige Szenen und beide Seiten gingen mitunter etwas härter zur Sache, was der Schiedsrichter in der ersten Halbzeit nicht so konsequent geahndet hat, wie er es unserer Meinung nach hätte tun sollen.
In der letztem Aktion der ersten Halbzeit gab es eine Standardsituation für uns, bei der unsere beiden Innenverteidiger mit in den gegnerischen Strafraum gegangen sind. Der Ball wurde herein geschlagen und es gab einen ganz normalen Zweikampf, ehe unsere Verteidiger zurück in die eigene Spielfeldhälte gelaufen sind. Auf ihrem Weg dorthin wurden sie von einem Quickborner Akteur verbal attackiert, der zu einem unserer Verteidiger auch ‚Neger‘ gesagt hat. Mein Spieler hat darauf zunächst nicht reagiert, ehe ihn sein Mitspieler nochmals auf das Geschehene hinwies: ‚Er hat das Wort Neger zu dir gesagt.‘
In diesem Moment erfolgte der Pausenpfiff und wir wollten in unsere Kabine gehen. Allerdings ist unser Spieler, der beleidigt worden war, außer Kontrolle geraten. Er hat dem Schiedsrichter versucht, mitzuteilen, was passiert ist. Aber der Schiedsrichter entgegnete: ‚Es tut mir leid, ich habe davon nichts gehört und kann deshalb leider auch nichts machen.‘ Das fand ich verwunderlich, denn der Schiedsrichter hatte ja zumindest gesehen, wie unser Spieler reagiert hat, dass er extrem wütend und traurig war. Ich habe dann versucht, ihn vor der Kabine zu beruhigen, ehe wir zur Mannschaft in die Kabine gegangen sind.
Der Spieler, der im Januar zu uns gewechselt ist, war aber wirklich mit den Nerven am Ende: Seine Augen waren gerötet und er hat die Frage in den Raum geworfen: ‚Wo sind wir hier eigentlich gelandet?‘ Ihn auszuwechseln, wäre aber problematisch gewesen, da wir mit nur einem 14-Mann-Kader angereist waren. Außerdem waren auch einige seiner Mitspieler schockiert von den Geschehnissen. Der Schiedsrichter hat es aber am Ende der Pause nicht einmal für nötig gehalten, zu fragen, wie es unserem Spieler geht – er hat nur an die Kabinentür geklopft und gesagt, dass es jetzt mit der zweiten Halbzeit weitergehen würde.
Weil meine Jungs heiß auf das Spiel waren und die drei Punkte mitnehmen wollten, haben wir uns dazu entschieden, rauszugehen und diese Partie gerade für unseren Spieler, der beleidigt worden war, zu gewinnen. Nachträglich betrachtet war dies eine Fehleinschätzung: Es wäre besser gewesen, wenn wir schon in der Pause erklärt hätten, nicht weiterspielen zu wollen. Denn nach dem Wiederanpfiff ist dem Schiedsrichter die Partie komplett entglitten: Es gab zahlreiche Fehlentscheidungen des Schiedsrichters, der zahlreiche Karten gegen uns verhängte, und wiederholt Rangeleien zwischen den Spielern.
Meine Spieler waren sichtlich enttäuscht vom Verlauf der zweiten Halbzeit, in der wir durch einen fragwürdigen Elfmeter schnell mit 0:1 in Rückstand geraten waren. Deshalb habe ich für uns und vor allem zum Schutz unserer Spieler entschieden, dass wir nicht weiterspielen wollen. Anschließend habe ich auch unsere Vorstandsmitglieder angerufen und darüber informiert, was passiert ist. Sie waren natürlich auch entsetzt, zumal uns in unserem Spiel bei den 5. Herren des SC Victoria im November 2024 schon einmal etwas ganz Ähnliches passiert war.
Damals war einer unserer Spieler mit der Gelb-Roten Karte des Feldes verwiesen worden und auf die Tribüne gegangen. Dort hatte es von den Fans des Gegners Gesänge gegeben, ehe ein Fan sowohl zu unserem Spieler als auch zu der Mutter eines anderen Spielers das Wort ‚Neger‘ gesagt hat. Weil an diesem Abend auch viele Anhänger unseres Vereins vor Ort waren, sind sie auf den Zuschauer losgegangen, unser Spieler ist dazwischengegangen – das war ein sehr unschöner Abend. Und leider hatte der Schiedsrichter auch in diesem Fall nichts gehört, was unserem Spieler eine lange Sperre und uns als Mannschaft einen Abzug von drei Punkten beschert hat.
Auf eine Entschuldigung des SC Victoria V für das Verhalten seines Fans warten wir bis heute vergeblich. Nun bin ich gespannt, wie die Quickborner reagieren: Ich habe sie jedenfalls direkt angeschrieben und ihnen den Namen sowie die Telefonnummer unseres betroffenen Spielers übermittelt. Allzu große Hoffnungen auf eine Entschuldigung habe ich aber nicht, denn als in einer anderen Szene einer unserer Spieler, der verletzt ausgewechselt worden war, verletzt am Boden lag, ging ein Quickborner an ihm vorbei und sagte zu ihm ‚Du Hund‘. Das hat meine kleine Tochter, die am Sonnabend auch vor Ort war, mitbekommen und es ist nicht schön, wenn Kinder so etwas beim Fußball miterleben müssen.“
(Johannes Speckner)