Aktuell: Grudzinski in Videoschiedsrichter-Ärger involviert


Mit der Einführung des Video-Beweises im hochklassigen Fußball sollte für mehr Gerechtigkeit gesorgt werden. Das Ergebnis ist ernüchternd. Inzwischen gibt es an fast jedem Wochenende Szenen in der Ersten und / oder Zweiten Bundesliga, wo sich der geneigte Beobachter fragt, warum der Video-Schiedsrichter einschreitet – oder warum er sich eben nicht meldet beziehungsweise was er und sein Assistent im Kölner Keller eigentlich wahrnehmen.

Besonders gravierend war es am Freitagabend, als Holstein Kiel dank eines höchst fragwürdigen Foulelfmeters gegen die Kickers Würzburg mit 1:0 gewann und die Tabellenführung in der Zweiten Bundesliga übernahm, während die Franken weiter die „rote Laterne“ in der Hand halten und den sofortigen Wiederabstieg in die Dritte Liga fürchten müssen. Was war geschehen? Als Kickers-Keeper Hendrik Bonmann eine mit Effet auf das Gehäuse gezogene Rechtsflanke weg boxte, traf er mit seiner Faust nach dem Ball an der Grenze des Fünfmeterraums auch den Kopf des zum Luftkampf hochgestiegenen Kielers Jae-Sung Lee. der sogleich zu Boden ging. Schiedsrichter Thorben Siewer (33, vom FC Schreibershof), der seit 2015 Zweitliga-Spiele pfeift, zeigte auf den Elfmeterpunkt.

Diese Entscheidung hielt, warum auch immer, der Überprüfung durch Video-Schiedsrichter Martin Petersen (vom VfL Stuttgart-Wangen) und Norbert Grudzinski (TSV Wandsetal), der ihm im Kölner Keller assistierte, stand. Obwohl Bonmann und andere Würzburger, die bereits am vorherigen Spieltag beim 1:4 bei der SpVgg Greuther Fürth „Opfer“ einer falschen, nicht vom Video-Schiedsrichter korrigierten Elfmeterentscheidung geworden waren, Siewer inständig darum baten, sich die Szene noch einmal selbst auf dem Bildschirm anzuschauen, verzichtete der Unparteiische auf den Gang an die Mittellinie.

Dass Kickers-Coach Bernhard Trares und Sebastian Schuppan als Vorstand Sport der Würzburger nach dem Abpfiff vor Wut schäumten, war absolut verständlich. Dass das Schiedsrichter-Gespann, dem auch die Assistenten Mitja Stegemann (vom SV Niederkassel) und Fabian Maibaum (Hasper SV) sowie Jan Clemens Carsten-Neitzel (FC Eintracht Norderstedt) als Vierter Offizieller angehörten, nach dem Abpfiff im Holsteinstadion nicht mit sich reden ließen (Schuppan legte dies gegenüber „Sport1“ als „Arroganz“ aus), passte leider ebenso in das traurige Bild wie der Umstand, dass Siewer sich im TV nicht äußern wollte.

Auch der Hamburger SV, der am Sonnabend, 13. Februar, mit einem Punktgewinn gegen die SpVgg Greuther Fürth die Tabellenführung von die Kieler „Störchen“ zurückerobern könnte, machte in der Vergangenheit bereits zweimal äußerst negative Erfahrungen mit dem Video-Schiedsrichter, genauer gesagt mit Günter Perl vom MSV München:

Der inzwischen 51-Jährige aus Pullach im Isartal hatte dem HSV am 16. Juni 2020 in der drittletzten Zweitliga-Partie der vergangenen Saison in der Nachspielzeit einen klaren Foulelfmeter verwehrt, als Timo Letschert von Benjamin Girth bei einem Eckstoß im Strafraum niedergerungen wurde. Deshalb gab es gegen den VfL Osnabrück lediglich ein 1:1-Remis für den HSV, der dadurch vom zweiten auf den dritten Platz abrutschte und anschließend nicht mit vier, sondern nur mit zwei Punkten Vorsprung zum Rang-Vierten 1. FC Heidenheim 1846 reiste – das Ende ist bekannt.

Gute zwei Jahre zuvor hatte Perl dafür eingegriffen, als die „Rothosen“ im vorletzten Bundesliga-Saisonspiel bei Eintracht Frankfurt durch Tatsuya Ito in Führung gingen und Schiedsrichter Deniz Aytekin (TSV Altenberg) das Tor anerkannte, ehe Perl auf Abseits votierte. Dies war insofern umstritten, als dass es die Anweisung an die Video-Schiedsrichter gab, dass sie „nur bei klaren Fehlentscheidungen eingreifen“ sollten – der Japaner Ito aber an jenem 5. Mai 2018 beim Pass von Aaron Hunt, wenn überhaupt, nur Zentimeter in der „verbotenen Zone“ stand.

Leider hatten, den Protesten der HSV-Spieler zum Trotz, auch die Schiedsrichter Dr. Martin Thomsen (vom SV Donsbrüggen) am 16. Juni 2020 im Volkspark-Stadion und Aytekin in Frankfurt nicht auf das ihnen zur Verfügung stehende Mittel, die TV-Bilder selbst in Augenschein zu nehmen, zurückgegriffen. Hier wäre vielleicht eine Regeländerung sinnvoll, die den Unparteiischen bei der Rücknahme von Treffern oder strittigen Elfmeter-Situationen zwingt, sich die Szene selbst noch einmal anzuschauen. Andernfalls könnte, wie Schuppan am Freitagabend anregte, der Bildschirm auch abgebaut werden ...

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