Oberliga: In Oststeinbek brennt der Baum


Beim Oststeinbeker SV brannte der Baum schon vor dem Weihnachtsfest. Nachdem sich im Verlauf der Hinrunde neben Co-Trainer Lars Landschof auch einige Spieler, teilweise schon nach nur wenigen Wochen, wieder vom Meessen verabschiedeten, löste nun Lukasz Sosnowski seinen Vertrag, der eigentlich noch bis zum 30. Juni 2011 lief, auf. Sosnowski sowie Marcus Rabenhorst und Yasar Koca hatten bei Oststeinbek zuvor wegen ausstehender Zahlungen einen Streik angedroht.

Gegenüber SportNord erklärte Sosnowski: „Ich habe meinen Vertrag mit dem OSV am Mittwoch der vergangenen Woche aufgelöst und meinen Spieler-Pass, mit angekreuzter sofortiger Freigabe, zuhause. Ich bin froh, dass ich da endlich weg bin, denn ich konnte und wollte nicht mehr für Oststeinbek spielen!“ Sosnowski, der erst im Juli 2010 nach Stationen beim FC St. Pauli, FC Rot-Weiß Erfurt, SV Henstedt-Ulzburg, Altona 93 und Germania Schnelsen zum OSV gewechselt war, ergänzte: „Wir als Mannschaft hatten uns zu Saisonbeginn hohe Ziele gesetzt und es ist auch alles gut gelaufen, bis die Zahlungen ins Stocken geraten sind!“ Auf den angedrohten Streik angesprochen, sagte der 23-Jährige: „Es wurde immer behauptet, dass ich streiken will – aber das stimmt so nicht. Mehrere junge Spieler sind mit Tränen in den Augen zu mir gekommen, weil sie vom OSV kein Geld mehr bekommen haben. Wir sind von Oststeinbek angelogen worden!“

Um wie viel Geld es ging, sagte Sosnowski nicht: „Ich möchte nicht über die Höhe der Summe reden. Aber ich musste die jungen Spieler immer wieder trösten, wenn sie zu mir gekommen sind und um Hilfe gebeten haben!“ OSV-Coach Stefan Kohfahl räumte auf Nachfrage von SportNord ein, dass es Zahlungsschwierigkeiten gab: „Da hat es Verzögerungen gegeben, bis der Gesamtverein uns geholfen hat – aber, glauben Sie mir: Solche Verzögerungen sind in der Oberliga alltäglich!“ Der Erfolgstrainer warb um Verständnis: „Wir haben seit sieben Jahren keinen Hauptsponsoren, unsere Trikots hat beispielsweise ein Freund von mir gespendet – und wir treffen auf Gegner wie den SC Victoria, der durch seine Teilnahme am DFB-Pokal in Saus und Braus lebt, während wir weniger als 40.000 Euro an unser Team zahlen!“ OSV-Liga-Obmann Christian Gronauer betonte auf Nachfrage von SportNord: „Wir schulden Sosnowski definitiv keinen einzigen Cent mehr!“

Dennoch prangerte Sosnowski noch einmal die schlechte Zahlungsmoral der OSV-Verantwortlichen an: „Ich kann zitieren, was Kohfahl und Gronauer zu mehreren jungen Spielern gesagt haben. Sie sagten: ‚Geld ist für dich unwichtig – freu dich, dass du hier Oberliga spielen kannst!‘ Obwohl einer der jungen Spieler antwortete, dass er sich das Geld doch aber verdient habe, musste er weiter auf sein Geld warten!“ Der 42-Jährige Kohfahl stellte klar: „Auch wenn das in einigen Medien-Berichten anders dargestellt wurde, ist es definitiv so, dass der Oststeinbeker SV als Gesamt-Verein keine Probleme hat – und bei den Geldern, die die Spieler bekommen, reden wir keinesfalls über Summen, von denen man abhängig werden könnte ... Wir nennen das deshalb auch Aufwandsentschädigungen!“ Sosnowski hielt dagegen: „Ich weiß, dass der OSV brutale Probleme hat und viele Menschen mit diesem Verein nicht mehr zusammenarbeiten wollen!“

Man spürt, dass die Beziehung zwischen Sosnowski und Kohfahl, die früher einmal sehr freundschaftlich war, in die Brüche gegangen ist. Sosnowski dazu: „Ich bin im Sommer zum OSV gegangen, weil ich ein sehr freundschaftliches Verhältnis zu Herrn Kohfahl, den ich schon zehn Jahre lang kenne, pflegte ... Als er im Sommer im Urlaub war, habe ich zehn Tage lang bei ihm geschlafen und auf seine Katzen aufgepasst – aber jetzt bin ich maßlos enttäuscht von ihm!“ Kohfahl wollte sich auf Nachfrage von SportNord über Details nicht äußern, sondern betonte nur: „Sosnowski hat bei uns eine rechtlich relevante General-Quittung unterschrieben!“ Sosnowski ergreift derweil Partei für seine Mitspieler: „Dass Rabenhorst suspendiert wurde, kann ich nicht verstehen – er hat nur das gesagt, was viele denken, aber nicht den Mut haben, es auszusprechen!“ Gronauer stellte fest: „Sosnowski ist sehr direkt und offen ...“

Einmal in Rage, fuhr Sosnowski fort: „Die jungen Spieler haben sich nicht getraut, etwas über die Verantwortlichen zu sagen. Koca ist zwar auch erst 20 Jahre alt, aber charakterlich schon so reif, dass er im Herbst gesagt hat: ‚Hey, ich lasse mich hier nicht verar...‘ Ich weiß, dass viele Spieler der Mannschaft nur mündliche Vereinbarungen mit dem OSV getroffen haben. Weil ich aber ein Typ bin, der immer alles schriftlich fixiert haben möchte, habe ich zusammen mit einem guten Freund, der Kaufmann ist, alles vertraglich festgehalten – auch jetzt, bei der Vertragsauflösung!“ Dass es dazu kommen musste, findet Obmann Gronauer bedauerlich: „Ich bin alles andere als froh darüber, dass Sosnowski zukünftig nicht mehr für uns spielt, denn ich kann zwischen dem Fußballer und dem Menschen unterscheiden ... Und ich finde, dass Sosnowski menschlich, außerhalb des Fußballplatzes, ein wirklich feiner Kerl ist!“

Allerdings übte Gronauer auch harte Kritik an Sosnowski: „Wir haben wirklich alles, was uns möglich war, für ihn getan: Kohfahl hat ihm einen Arbeitsplatz beim Hamburger SV besorgt, zudem konnte er das Traineramt bei unserer A-Jugend übernehmen ... Aber der gute Mann hat das Problem, dass er immer wieder die Hand, die ihn füttert, schlägt!“ Kohfahl ist offensichtlich froh über das Ausscheiden des Querulanten: „Wir werden jetzt viel Ruhe für die wichtigen Sachen haben. Es wird sicherlich noch einmal richtig bei uns krachen und im Rahmen eines Großreinemachens Schuldzuweisungen und offene Gespräche geben – aber danach werden wir die 16 Punkte, die wir noch zum sicheren Klassenerhalt brauchen, holen!“ Fast schon euphorisch fügte Kohfahl hinzu: „Damit würden wir in eine Phalanx der etablierten Vereine eindringen, denn in den letzten Jahren haben es nur drei Aufsteiger geschafft, sich dauerhaft in der Oberliga zu halten!“

Kohfahl meint Eintracht Norderstedt sowie den SV Curslack-Neuengamme und TSV Buchholz 08 - und um in die Fußstapfen dieses Trios, das im Sommer 2006 in die höchste Hamburger Spielklasse aufstieg, treten zu können, tut sich etwas am Meessen: „Oststeinbek ist eine der reichsten Gemeinden Deutschlands, wenn man das Verhältnis der Industrie zur Einwohnerzahl als Maßstab nimmt“, so Kohfahl, der berichtete: „Wir haben bereits zwei Oststeinbeker Firmen aus dem Industriegebiet als Gönner gewinnen können!“ In Kürze werden eine neue Kabine und ein neues Flutlicht gebaut. Dieses wird aber nicht Regionalliga-tauglich sein: „Die Oberliga Hamburg ist für uns die höchstmögliche Spielklasse – auch die neue Regionalliga, die es ab 2012 geben wird, ist für uns definitiv kein Thema“, so Kohfahl. Die Oststeinbeker wollen aber nicht nur in Steine, sondern auch in Fußballer-Beine investieren ...

Abwehrmann Söhren Grudzinski (35, vom Oberliga-Rivalen SC Condor) ist der erste Winter-Neuzugang: „Er wird auch administrative Aufgaben übernehmen“, so Kohfahl, der sich am Donnerstag vor Heiligabend zudem mit einem Ex-Profi, der beim JFV Jung-Elstern eigentlich schon seine Trainerkarriere begann, traf: „Er soll noch einmal für ein halbes Jahr bei uns als Spieler aushelfen“, so Kohfahl. Zudem gibt es Verhandlungen mit Mittelfeldmann Felix Römhild (20), der nach einem halben Jahr beim Schleswig-Holstein-Ligisten FC Sylt, für den er in der Hinrunde nur drei Partien bestritt, zum OSV zurückkehren soll: „Wenn er im Winter wechselt, wäre er nur für uns spielberechtigt“, betonte Kohfahl. Verteidiger Roman Kirschstein (26), lange Jahre höherklassig aktiv (zuletzt bis Juli 2010 beim Wedeler TSV), könnte ebenfalls reaktiviert werden: „Er arbeitet beim HSV unter mir“, erklärte Kohfahl.

Mit Dennis Pannen und Timo Adomat wurden ebenfalls gute Gespräche geführt, allerdings steht eine Einigung mit ihrem derzeitigen Verein, dem Ost-Bezirksligisten SV Tonndorf-Lohe, noch aus. Auch vereinsinterne Verstärkungen sind angedacht: Guido Stendel aus der Zweiten Herren-Mannschaft sowie Gideon Knüppe und Seyhmus Atug aus der eigenen A-Jugend möchte Kohfahl dauerhaft in sein Team hochziehen, zudem ist Verteidiger Bastian Schmidt (25) von seinem Afghanistan-Einsatz zurück. „Ich mache mir keine Sorgen, dass unser Kader im Frühjahr zu klein sein könnte“, so Kohfahl, der befand: „Trotz der Fluktuation, die es in den letzten Jahren gab, haben wir immer wieder gezeigt, dass wir schnell ein neues Team aufbauen können!“ In diesem sollen auch die zuletzt verletzten Lamin Jawla und Dimosthenis Kyrmanidis (Kohfahl: „Er hat bei uns im Sommer riesig angefangen, bis er Knieprobleme bekam!“) mitwirken.

Sosnowski könnte nun zum VfB Oldenburg in die Oberliga Niedersachsen wechseln. VfB-Trainer Torsten Fröhling, unter dessen Regie Sosnowski bereits bei Altona spielte, erklärte auf Nachfrage von SportNord: „Ja, wir haben Kontakt mit Fröhling – aber die Entscheidung darüber, ob wir ihn verpflichten, mussten wir in den Januar aufschieben!“ Am Oldenburger Marschweg gibt es momentan das Problem, dass zu viele Akteure auf der Gehaltsliste sind: „Wir haben zurzeit vier suspendierte Spieler – und bis diese einen neuen Verein gefunden haben, haben wir einen Einstellungs-Stopp“, so Fröhling. Sosnowski, der in Hamburg-Wandsbek wohnt, erklärte: „Ob ich zukünftig in der Oberliga oder Landesliga spiele, ist mir egal. Ich warte ab, was sich ergibt. Wichtig ist mir, dass mein zukünftiger Verein mir eine berufliche Perspektive bieten kann. Ein Freund von mir arbeitet mittlerweile im kaufmännischen Bereich – das würde mich auch reizen!“


(JSp)

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