
Eines mal vorab. Felix Karch ist unglaublich aktiv. Neben seinem Job beim Landeskriminalamt in Hamburg trainiert er die U17-Mädchen des Hamburger SV und betreibt ein eigenes Unternehmen für Coaching (unter anderem auch online Yoga-Kurse, Ernährungsberatung, Fußballindividualtraining und Unternehmensberatung). Wie bitte ist das alles zu schaffen? Karch lacht: „Ich habe schon seit langem meine Ernährung komplett umgestellt, mache viel Yoga und komme so mit relativ wenig Schlaf aus. Dafür kritisiert mich meine Freundin hin und wieder.“
Nach der Corona-bedingten Unterbrechung trainiert Karch zusammen mit seiner Co-Trainerin Kim Falter seit vier Wochen wieder die U-17 Mädchen des HSV mit einer Ausnahmegenehmigung in Vollkontakt viermal die Woche. Das ist einerseits sehr erfreulich – aber andererseits auch ein hoher organisatorischer Aufwand für das Trainer-Team. Denn acht Spielerinnen sind im Nationalkader und die allermeisten der hochtalentierten Mädchen haben ein Zweitspielrecht bei den Jungs. Karch: „Den Trainingsbetrieb unter diesen Prämissen zu organisieren, ist eine große Herausforderung.“
Während der trainingsfreien Zeit in der Corona-Krise hatte er mit seinem Team sehr viel Kontakt. Es gab regelmäßige Video-Konferenzen und individuelle Trainingspläne für die Spielerinnen. Dabei steht der Zusammenhalt für Karch im Vordergrund: „Das ist bei uns sehr intensiv. Beim HSV fördern wir den Frauen-Fußball mit einem sehr guten Ausbildungskonzept. Wir schaffen eine Vereinsidentität und wollen die Raute im Herz verankern.“
Das gelingt bislang sehr erfolgreich. Beim jetzigen Abbruch rangieren die U17-Juniorinnen auf dem dritten Platz. Es entstehen Perspektiven. Auch in Richtung Frauen-Bundesliga? Karch: „Ja. Mittelfristig sicherlich. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass der HSV bald wieder eine Frauen-Mannschaft in der Bundesliga stellt. Die Voraussetzungen sind jedenfalls da. Alle hier ziehen an einem Strang und arbeiten auch dafür. Es gibt in der Stadt überragende Vernetzungen, wie zum Beispiel mit dem Gymnasium Heidberg in Langenhorn als Partnerschule des Nachwuchs-Leistungssports und Eliteschule.“
Karch ist UEFA-B-Elite-Lizenz-Inhaber und trainiert die U17 des HSV bereits im fünften Jahr. Er war Spieler und Trainer beim Hamburger SV III. Sein Enthusiasmus und seine Leidenschaft sind für das Mädchen-Team auch trotz Corona ungebrochen. Karch: „Klar sind wir privilegiert. Und wir sind jetzt nach vier Wochen an einem Punkt, an dem ich keine schweren Verletzungen nach so langer Pause mehr erwarte.“ Leider ist der Spielbetrieb zunächst beendet. Aber der Blick geht nach vorne. In Richtung Entwicklung und Ausbildung. Angesprochen auf die aktuelle finanzielle Situation im Frauen-Fußball antwortet Karch: „Eine Entwicklung wie bei den internationalen finanzstarken Clubs wie zum Beispiel dem FC Chelsea London wird es in Hamburg nicht geben. Der HSV hat seinen eigenen Nachwuchs. Ein großartiges Konzept mit tollen MitarbeiterInnen.“
(Stefan Knauß)