
Am letzten Spieltag der Oberliga Hamburg empfing der VfL Pinneberg am Freitagabend den SV Curslack-Neuengamme zum Topspiel „Vierter gegen Zweiter“. Dabei war die Konstellation so, dass die Gäste die Vizemeisterschaft bei einem Drei-Punkte-Vorsprung und einer um 16 (!) Treffer besseren Tordifferenz gegenüber dem Rang-Dritten Altona 93 schon so gut wie sicher hatten. SVCN-Coach Torsten Henke musste allerdings auf mehrere Stammkräfte verzichten (unter anderem fehlten Jan Landau und Martin Sobczyk gesperrt), reiste deshalb mit einem Mini-Kader von zwölf Akteuren an und stellte nach dem Abpfiff klar: „Für uns ging es nur darum, Schadensbegrenzung zu betreiben!“ Die Curslacker ließen es entsprechend ruhig angehen, während die Pinneberger immer wieder den Weg nach vorne suchten. Dabei fehlte ihnen aber zunächst die nötige Präzision.
Das Tornetz zappelte erstmals in der 25. Minute – allerdings nur von außen: Nach einem von den Hausherren rechts kurz ausgeführten Eckstoß schlief die Gäste-Abwehr, VfL-Kapitän Torben Reibe köpfte den Ball am langen Pfosten aber nur ins Außennetz. Und da Schiedsrichter-Assistent Iman Mohammadi Imir anschließend, sehr zum Ärger der hinter ihm auf der Tribüne sitzenden VfL-Fans, seine Fahne hob, hätte der Treffer ohnehin nicht gezählt. Während die Pinneberger Anhänger sich anschließend mit Gesängen über die Lokal-Rivalen beschäftigten, suchten die VfL-Spieler nun noch entschlossener den Weg nach vorne. Bereits in der 29. Minute ergab sich die nächste gute Chance, als Reibe nach einer schönen Kombination auf der linken Seite Sascha Richert bediente, der mit einem Steilpass Flemming Lüneburg in Szene setzte, dessen Lupfer aber am Pfosten vorbei strich – und abermals war alle Aufregung vergebens, da Iman Mohammadi Imir wieder eine Abseitsposition ausgemacht hatte. Die Pinneberger zogen nun mehr und mehr ein Pressing auf und wurden in der 33. Minute für ihre Bemühungen belohnt: Reibe schaltete auf der rechten Seite den Turbo ein und flankte an den langen Pfosten, wo SVCN-Verteidiger Philipp Kent Pettersson am Ball vorbei rutschte, während Artur Frost das Spielgerät umso besser traf und zum 1:0 versenkte.
„Weiter stören, stören, stören“, forderte VfL-Trainer Michael Fischer anschließend ölautstark von seinen Spielern weiterhin ein hohes Maß an Einsatz und Kampfgeist – und seine Schützlinge hörten aufs Wort. Die Curslacker haderten mit sich, mit Schiedsrichter Martin Pfefferkorn (vom SC Urania) und verursachten unnötig viele Freistöße. Als Richert einen davon aus dem linken Halbfeld an den langen Pfosten gezirkelt hatte, kam Alexander Borck an der Grundlinie mit einem artistischen Sprung zwar noch an den Ball, konnte diesen aber nicht mehr aufs Tor bringen (38.). Als die SVCN-Abwehr kurz darauf eine Flanke nicht entschlossen genug klärte, eroberte Richert den Ball, traute sich dann aber von halblinks aus keinen Torschuss zu. Stattdessen spielte er einen Querpass, der keinen Mitspieler erreichte (40.). Man höre und staune: Im Gegenzug gab es tatsächlich die erste Torchance der Gäste: Ivan Sa Borges Dju legte von links klug zurück zu Marcel von Hacht, der nur knapp rechts vorbei zielte. Dies ließen die Pinneberger nicht lange auf sich sitzen, sondern kamen ihrerseits noch vor der Pause zu zwei weiteren guten Gelegenheiten. Als kein Curslacker sich bemüßigt fühlte, eine Rechtsflanke von Borck zu klären, kam Reibe am langen Pfosten zum Torschuss – seine Direktabnahme aus spitzem Winkel zischte aber knapp über die Latte (43.). Dann war es abermals Frost, der von halblinks aus zum Freistoß antrat; dieses Mal zirkelte er ihn auf den kurzen Pfosten, wo Christian Bruno Dirksen auch tatsächlich zum Kopfball kam. SVCN-Keeper Frederic Böse hatte aber gut antizipiert und konnte den Ball reaktionsschnell nach vorne weg boxen (44.).
In der zweiten Halbzeit änderte sich an den Kräfteverhältnissen nichts. Die Pinneberger spielten weiterhin offensiv und hätten ihre Führung schon in der 47. Minute ausbauen können: Nachdem sie das Geschehen bei einem Spielzug optimal von links nach rechts verlagert hatten, ging Reibes Schlenzer nur knapp am linken, oberen Eck vorbei. In der 63. Minute fiel dann das zweite VfL-Tor: Nach einem Pass von Reibe zog Richert aus 20 Metern flach ab, der Ball wurde noch leicht abgefälscht und schlug unten links vom Schützen aus gesehen zum 2:0 ein. „Weiter, weiter“, feuerte Fischer seine Elf an – doch es wäre fast mit dem Anschlusstreffer für Curslack-Neuengamme weitergegangen: Gleich nach dem Toranstoß trugen die Gäste einen schnellen Angriff vor und Sa Borges Dju hatte zunächst freie Bahn, wurde dann aber doch noch von VfL-Verteidiger Jan-Philipp Zimmermann entscheidend gestört. Dann pflückte Torwart Norman Baese dem Stürmer den Ball vom Fuß (54.). Nun gab es für die Zuschauer kaum eine Atempause, denn im direkten Gegenzug schnupperte Richert an seinem Doppelpack: Abermals konnte er von halbrechts abziehen, hatte nun aus vollem Lauf und bei freierer Schussbahn sogar bessere Möglichkeiten als bei seinem Tor – doch nun geriet sein Versuch deutlich zu hoch (56.). Ebenfalls nicht ganz genau genug kam in der 58. Minute Frosts nächste Freistoßflanke von der linken Seite: Borck konnte den Ball am zweiten Pfosten nur ins Tor-Aus verlängern. Nicht nur nach dem hierauf folgenden Abstoß ließ sich Böse auffällig viel Zeit – was nicht dafür spricht, dass die Curslacker selbst daran glaubten, ihren Ausfällen zum Trotz in der Fahltsweide noch eine Aufholjagd starten zu können.
In der 61. Minute wäre es aber beinahe noch einmal spannend geworden: Nach einem Foul an Sa Borges Dju, der sich dabei auch leicht verletzte, aber weiterspielen konnte, traf Alexander Pohlmann den fälligen Freistoß gut. Der Ball wäre wohl genau im linken oberen Eck gelandet – wenn Baese ihn nicht stark zur Ecke weg geboxt hätte. Nach dem darauf folgenden Eckstoß verwirkte Reibe gleich noch einen weiteren Freistoß. Dieser war aus einer eigentlich besseren Position als der erste, doch nun traf Pohlmann den Ball nicht richtig, den er deshalb in die „Wildnis“ hinter dem VfL-Tor jagte. Kaum besser erging es auf der Gegenseite Frost, der nach einer Rechtsflanke freistehend ebenfalls voll verzog und wieder zurück gen rechte Außenposition beförderte, anstatt ihn aufs Tor zu schießen. Die Hausherren ließen den Ball weiter gut durch die eigenen Reihen laufen. Als Lüneburg über rechts freigespielt worden war, wurde er nur von Schiedsrichter-Assistent Leif Jischkowski, der ihn im Abseits sah, gestoppt. Nachdem Lüneburg bei seiner nächsten Aktion einen Freistoß aus aussichtsreicher Position oben rechts über die Latte gezirkelt hatte (73.), bewies Fischer einmal mehr sein gutes Händchen, als er Thomas Koster einwechselte, der neben dem Platz auf dem Rasen auch die Kapitänsbinde von Reibe übernahm. Und Koster bereitete nach einem Steilpass nur eine Minute später eine Großchance zum 3:0 vor, als er von rechts in die Mitte flankte, wo Richert aber knapp vorbei zielte.
In der 80. Minute wurde Koster dann aber tatsächlich noch zum Vorlagengeber: Daniel Diaz Alvarez setzte über die linke Seite zu einem Sturmlauf an, bediente Koster, drängte in die Mitte, bekam von Koster den Ball zurück und versenkte ihn flach rechts zum 3:0. Ohne Frage ein schön herausgespieltes Tor, Gegenwehr von der SVCN-Abwehr war hier allerdings auch Fehlanzeige. In der 89. Minute gab es dann noch einen Foulelfmeter für die Gäste: Referee Pfefferkorn hatte im VfL-Strafraum einen Schubser an Mekan Barlak ausgemacht und zeigte auf den „ominösen Punkt“. Sa Borges Dju trat an, schickte Baese in die rechte Ecke und schob flach links zum 3:1-Endstand ein. Für Sa Borges Dju war dieses sein „Abschiedstor“ im SVCN-Trikot, wechselt er doch nun zum Liga-Rivalen HSV Barmbek-Uhlenhorst. Kurz darauf ertönte der Abpfiff und Fischer freute sich: „Wir haben eines unserer besten Saisonspiele abgeliefert. Wir haben die Curslacker über 90 Minuten bearbeitet, sind mit viel Tempo rauf und runter gelaufen und hatten Spaß am Fußball!“ Henke gab zu: „Wir können uns freuen, dass der VfL vor allem in der erste Halbzeit viele gute Chancen vergeben hat, und müssen dieses Spiel schnell abhaken!“ Während Curslack aufgrund seiner noch immer um zehn Treffer besseren Tordifferenz gegenüber Altona (6:2-Sieger gegen den TuS Germania Schnelsen) trotzdem Vizemeister wurde, worüber Henke sich „sehr freute“, beendet der VfL die Saison als Tabellen-Vierter.