
Am Freitagabend wurde in der Kreisklasse 9 die Partie des 23. Spieltages zwischen den beiden Tabellennachbarn DSC Hanseat II (achter Platz, 20 Punkte) und Störtebeker SV (neunter Rang, 19 Zähler) beim Stand von 2:1 in der Schlussphase abgebrochen – zur genauen Minute des Abbruchs gibt es unterschiedliche Angaben. SportNord sprach mit Verantwortlichen beider Teams und dem Referee darüber, was auf dem Grandplatz an der Dulsberger Vogesenstraße geschah ...
... Referee Marco Dittmer (Schiedsrichter-Obmann des SC Sperber) erklärte:
„Ich habe das Spiel in der 90. Minute beim Stand von 2:1 für den DSC Hanseat II abgebrochen. Eigentlich wären, da sich die Partie zuvor wegen Spielerwechseln und Ballwegschlagens hinausgezögert hatte, zu diesem Zeitpunkt noch zwei Minuten Nachspielzeit zu absolvieren gewesen. Der Grund für den Abbruch war, dass es zu lautstarken Diskussionen kam und zwei Spieler auf einen anderen Akteur losgehen wollten. Dass es zu Tätlichkeiten kam, konnte ich durch meine Entscheidung, das Spiel abzubrechen, zum Glück verhindern. Die Hektik war erst zum Ende der Partie hin entstanden – zunächst war alles fair verlaufen und ich musste auch keine Platzverweise aussprechen, sondern nur ein paar Gelbe Karten verteilen. Ich werde jetzt einen Sonderbericht für den Hamburger Fußball-Verband verfassen. Da bereits die 90. Minute lief, gehe ich nicht davon aus, dass die Partie neu angesetzt wird!“
... Matthias Kumpfert, Torwart und Spielertrainer der Hanseat-Reserve, sagte:
„Der Schiedsrichter hat in der 90. Minute plus zwei im Strafraum von uns eine Spielsituation, in der ein Spieler von Störtebeker zu Fall kam, abgepfiffen. Aus unserer Sicht war das ein Elfmeter, das haben wir dem Gegner auch gesagt – aber der Referee hat einen indirekten Freistoß verhängt. Ich müsste lange überlegen und suchen, um mich an eine vergleichbare Szene zu erinnern, nämlich dass es im Strafraum nach einem Foulspiel der verteidigenden Mannschaft keinen Elfmeter, sondern nur einen indirekten Freistoß für das angreifende Team gibt – normalerweise wird so ein indirekter Freistoß meines Wissens nur verhängt, wenn der Torwart eine Rückgabe aufgenommen hat ... Jedenfalls waren die Spieler und Verantwortlichen von Störtebeker außer sich, als ihnen kein Strafstoß zugesprochen wurde, und die Emotionen schnellten in die Höhe. Wir haben uns zurückgezogen, weil wir uns an diesen hitzigen Diskussionen nicht beteiligen wollten ...
Schließlich holte sich der Schiedsrichter den Störtebeker-Spieler mit der Nummer 9 heran und sagte: ‚Wenn Sie hier weiter so herum krakeelen, breche ich das Spiel ab!‘ Die Diskussionen gingen aber noch zwei Minuten lang so weiter und ein Wort ergab das andere – daraufhin winkte der Referee die gegnerische Nummer 9 wieder zu sich und brach das Spiel ab. Danach war die Wut bei unserem Gegner natürlich noch größer: Wir haben die Störtebeker-Akteure, die wirklich sehr aufgebracht waren, dann herangeholt und beruhigend auf sie eingeredet. Dann gingen wir zum Referee und fragten ihn, wie das Spiel denn nun gewertet werden würde. Er entgegnete: ‚Mit 2:1 für Hanseat!‘ Deshalb haben wir auch beim DFB-Net ein ‚2:1‘ als Ergebnis eingebeben, aber ich sage Ihnen ganz ehrlich: Keiner von uns hat sich über diesen Sieg gefreut ... Denn wenn, dann möchten wir sportlich und richtig gewinnen und nicht nach so kuriosen Entscheidungen!“
... Manfred Jürgensen, Fußball-Obmann des Störtebeker SV, berichtete:
„Dieses Spiel geriet am Ende in die Kategorie ‚Kuriositätenkabinett‘ – und das kam so: In der 84. Minute, als wir noch mit 1:2 zurücklagen, trugen wir einen Angriff schnell vor, den die Hanseat-Abwehr im eigenen Strafraum nur mit einem Foul stoppen konnte. Der Schiedsrichter pfiff und zeigte sofort auf den Elfmeterpunkt, was aus unserer Sicht auch vollkommen richtig war. Die Verteidiger unseres Gegners protestierten und sagten, was in so einer Situation ja auch vollkommen normal ist, dass es ‚nur ein Freistoß‘ gewesen sei. Was nicht normal ist, ist die Tatsache, dass der Referee den Wünschen der Hausherren folgte und seine Entscheidung auf Freistoß korrigierte – er war sich aber nicht sicher, ob es nun einen direkten oder indirekten Freistoß geben soll ... Dagegen erhoben wir natürlich Protest und unser Spieler sagte: ‚Gibt es denn nun einen direkten oder indirekten Freistoß? Das ist doch nur noch zum Lachen hier!‘
Daraufhin brach der Schiedsrichter die Partie ab. Anschließend erklärte er zunächst, er hätte die lautstarken Proteste unseres Spielers mit der Nummer 9 ‚satt gehabt‘ und habe das Spiel abgebrochen, da er ‚keine Lust hatte, weiter mit ihm zu diskutieren‘. Auf den Gedanken, unserem Stürmer die Gelbe oder von mir aus auch die Rote Karte zu zeigen, und das Spiel dann ganz normal fortzusetzen, ist er wohl nicht gekommen ... Auf die Nachfrage unseres Liga-Obmanns Michele Occhipinto, was er denn nun in den Spielberichtsbogen eintragen würde, entgegnete der Unparteiische, er hätte ‚in der 90. Minute und zwei Minuten Nachspielzeit die Partie beendet‘. Für alle anderen Uhren waren aber erst 84 Minuten gespielt ... Und als ich mit dem Referee sprechen wollte, brüllte er mich gleich an: ‚Ich habe Ihnen schon gesagt, dass ich mit Ihnen gar nicht rede!‘ – dabei hatte ich vorher noch gar nicht mit ihm über dieses Thema gesprochen.
Der Torwart des DSC Hanseat II, der sich um die Organisation und Ergebnis-Eingabe beim DFB-Net kümmert, hat uns versprochen, dort ‚abgebrochen‘ einzugeben. Wie ich inzwischen sehen musste, hat er sich leider nicht daran gehalten, denn dort ist ein 2:1-Sieg für Hanseat vermerkt. Nach 50 Jahren im Fußball denkt man, alles schon erlebt zu haben – aber es folgen immer wieder Erlebnisse, die einen nach dem ‚Warum?‘ fragen lassen. Die kurzen Unterhaltungen mit solchen Schiedsrichtern zeigen mir, dass nicht immer die Spieler die Schuldigen an Spielabbrüchen sind. In diesem Fall war es so, dass sich die Akteure beider Teams absolut fair verhalten und wunderbar miteinander vertragen haben. Nach dem kuriosen Abbruch wurde auch der Referee nicht attackiert – das wäre auf vielen Sportplätzen sicherlich ganz anders gewesen. Ich behaupte einfach einmal: Dieser Schiedsrichter hätte an der Slomanstraße die Kabine nicht körperlich unversehrt verlassen können!
Ich glaube, dieser Referee hatte am Freitagabend einfach keine Lust mehr, das Spiel noch fortzusetzen. Und der Hamburger Fußball-Verband wird leider niemals zugeben, dass hier ein Schiedsrichter einen Fehler gemacht hat – aber dieser Referee hat definitiv nicht alle Mittel ausgeschöpft, um das Spiel fortzusetzen und regulär zu beenden. Wenn wir dagegen jetzt beim HFV protestieren, wird dabei wohl sowieso nichts herauskommen – ich habe aber an den Schiedsrichter-Ausschuss geschrieben und meine Mail auch an den Verband weitergeleitet. Natürlich hoffen wir auf eine Neuansetzung dieser Partie, denn unabhängig davon, ob nun Elfmeter oder Freistoß, wurde uns die Chance genommen, zumindest noch ein 2:2-Unentschieden zu erreichen. Wir spielen zwar weder um die Meisterschaft noch um den Aufstieg – aber mit solchen Erlebnissen nimmt man den Spielern den Glauben an die Gerechtigkeit und den Spaß am Fußball!“
(JSp)