
Weil am Sonnabend, 18. September, ihr Heimspiel gegen den SC Ellerau ausfiel, konnten sich die Fußballer vom TSV Seestermüher Marsch über ein freies Wochenende freuen. Rene Anthes verfügt schon länger über reichlich fußballfreie Zeit: Bereits Anfang August hatten sich die „Märschler“ von ihrem Coach getrennt. Seitdem betreut der vorherige Co-Trainer Frederik Brockmann als Interimstrainer die Seestermüher, die in der Kreisliga 8 momentan Platz vier belegen.
Anthes, der im Sommer 2008 vom FC Elmshorn, wo er die A-Jugend und die Dritte Herren-Mannschaft betreute, kommend zunächst die Seestermüher Reserve betreut hatte und nach einem Jahr zum Liga-Trainer befördert wurde, nahm sich Zeit für ein Interview mit SportNord ...
SportNord: Wie kam es dazu, dass Sie nicht mehr Trainer beim TSV sind?
Rene Anthes: „Es war leider so, dass wir eine unwahrscheinlich schlechte Saison-Vorbereitung hatten, weil teilweise zwölf bis 14 Spieler verletzt gefehlt haben, so dass teilweise quasi gar kein Spielbetrieb möglich war, auch wenn Spieler aus dem Reserve-Team ausgeholfen haben. Dennoch haben wir nur 0:5 gegen den Hammonia-Landesligisten TSV Uetersen verloren und hätten dabei auch selbst zwei oder drei Tore schießen können. Nachdem wir in der Ersten Runde des Oddset-Pokals mit 0:6 beim Rissener SV, einem ambitionierten Team aus der Parallel-Staffel 7, verloren hatten, bin ich für anderthalb Wochen in den Urlaub gefahren – und dachte, dass alles in Ordnung wäre ...“
SportNord: ... was aber offensichtlich nicht so war. Wie ging es dann weiter?
Anthes: „Als ich im Urlaub weilte, leitete mein Co-Trainer Brockmann das Training. Ich kam am Donnerstag, 5. August, also drei Tage vor unserem Gastspiel beim TSV Sparrieshoop II, aus dem Urlaub zurück und fuhr gleich zum Training. Ich sagte allen, die ich traf so, wie es sich gehört, ‚Hallo‘ - und war verwundert, dass eine merkwürdige Stimmung herrschte und der Vorstand auch auf dem Platz war. Alle wussten zu diesem Zeitpunkt schon, dass sich der Verein von mir getrennt hat, was ich sehr unglücklich fand ... Wenig später teilte man dann auch mir mit, dass die Mannschaft nicht mehr mit mir zusammenarbeiten möchte!“
SportNord: Wie haben Sie das aufgenommen?
Anthes: „Vor allem von der menschlichen Seite her war ich extrem enttäuscht darüber, wie das Ganze abgelaufen ist. Wenn man mir den Vorwurf machen könnte, dass ich sportlich meine Ziele nicht erreicht hätte, wäre die Trennung ja in Ordnung – doch davon kann nicht die Rede sein. Ich habe im Sommer 2008 die Zweite Mannschaft der Seestermüher, die zuvor in der Kreisklasse immer zwischen Platz 15 und 18 gelandet war, übernommen und sie nach einer hervorragenden Saison auf Rang fünf geführt. Daraufhin wurde ich zum Coach der Liga-Mannschaft, die bis dato eine Trainingsbeteiligung von im Schnitt fünf bis neun Spielern hatte, befördert.“
SportNord: Wie verlief die Saison 2009/2010 aus Ihrer Sicht?
Anthes: „Ich habe in kurzer Zeit einen 20-Mann-Kader zusammengestellt, wobei nur sechs Akteure des alten Teams geblieben sind. Mein persönliches Ziel war es, nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben und unter die Top-Zehn zu kommen. Am Ende sind wir Elfter geworden und ich muss zugeben, dass wir in der Rückrunde nicht das geleistet haben, was wir eigentlich konnten. Dennoch hatte ich mit dem Verein ein Konzept ausgearbeitet, da die TSV-Verantwortlichen langfristig in die Bezirksliga wollten. Dieses Konzept besagte dass wir uns von gewissen Schwachpunkten, sprich den Spielern, die nicht mitziehen wollten, trennen ...“
SportNord: Was hatte die Vereinsführung dazu gesagt?
Anthes: „Der Klub stand zunächst hinter mir und wollte so weit gehen, dass Spieler, die nicht mitziehen, den Verein verlassen müssen. Dann fuhr ich in den Urlaub – und wurde quasi währenddessen entlassen, ohne mich jemals anzuhören und mir eine Chance gegeben, mich zu dem, was mir vorgeworfen wurde, zu äußern. Und nun spielt die Mannschaft genau so, wie ich sie aufgestellt hätte, ja durchaus erfolgreich ... Das ist für mich natürlich bitter. Es hätte menschlicher zugehen können und wäre besser gewesen, wenn wir im Sommer eine saubere Trennung vollzogen hätten!“
SportNord: Wie beurteilen Sie es, dass Ihr Assistent das Team nun betreut?
Anthes: „Sicherlich bin ich auch, was ihn betrifft, in gewisser Weise enttäuscht und hätte etwas Loyalität erwartet – schließlich hatte ich ihn zum TSV geholt und zum Co-Trainer gemacht ... Aber ich mache niemandem einen persönlichen Vorwurf, denn ich bin seit 35 Jahren im Fußball-Geschäft tätig und weiß deshalb, dass dort nichts unmöglich ist. Wie gesagt: Wenn wir uns nach dem Ende der Saison 2009/2010 getrennt hätten, wäre das vollkommen in Ordnung gewesen, zumal ich auch einige höherklassige Angebote vorliegen hatte. Und wenn man dann kurz nach Beginn einer neuen Spielzeit so abserviert wird kann ich nur sagen: Es hätte menschlicher zugehen können!“
Interview: Johannes Speckner