
In der vergangenen Woche gab der SV Schackendorf, der in der Verbandsliga Süd-West als Tabellen-Zehnter überwintert, überraschend bekannt, dass Ex-Profi Dietmar Hirsch mit sofortiger Wirkung das Traineramt von Stefan Christensen übernimmt (SportNord berichtete, siehe unten stehenden Link). Nun sprach SportNord mit dem 38-Jährigen, der zuletzt beim Nord-Regionalligisten VfB Lübeck als Sportdirektor eine betriebsbedingte Kündigung erhalten hatte ...
SportNord: Wie kam es zu Ihrem ersten Kontakt mit Schackendorf?
Dietmar Hirsch: „Ich hatte zum SVS erstmals Kontakt, als mein Ex-Verein Hansa Rostock im Mai 2008 zum Freundschaftsspiel in Schackendorf antrat und ich als Zuschauer vor Ort war. Dann habe ich auch mit dem VfB Lübeck ein Testspiel beim SVS absolviert, und als wir mit dem VfB zum Kurz-Trainingslager in Bad Segeberg weilten, haben wir auf den Schackendorfer Plätzen trainiert ...“
SportNord: Wie kam es nun dazu, dass Sie Trainer in Schackendorf werden?
Hirsch: „Als Stefan Christensen, der den SVS seit acht Jahren trainiert, im Herbst in Nord-Sport las, dass ich gerne Trainer werden würde, rief er mich an. Das ist nun sechs Wochen her, und ich habe in dieser Zeit auch mit anderen Vereinen gesprochen. Die Planungen der meisten Klubs sahen aber so aus, dass ich erst im Sommer als Trainer anfange – ich wollte aber gerne sofort einsteigen, denn im Fußball ist ein halbes Jahr viel Zeit!“
SportNord: Was reizt Sie an Schackendorf?
Hirsch: „Sowohl Christensen als auch sein bisheriger Co-Trainer Detlev Paulsen bleiben dem Verein erhalten und arbeiten im Umfeld, was für Verbandsliga-Verhältnisse wirklich Luxus ist. Ich weiß, dass dadurch meinem Trainer-Team und mir viel Arbeit abgenommen wird und wir uns auf die Betreuung der Mannschaft konzentrieren können. Und außerdem ist Schackendorf von meinem Wohnort Lübeck durch die neue Autobahn sehr gut erreichbar!“
SportNord: Was wollen Sie mit Ihrem neuen Klub erreichen?
Hirsch: „Realistisch betrachtet ist die Schleswig-Holstein-Liga für alle Vereine des Bundeslandes, vom VfB und Holstein Kiel einmal abgesehen, das oberste Ziel – denn die Regionalliga ist organisatorisch und finanziell nicht zu stemmen. Für jeden Verbandsligisten sollte es also das Ziel sein, in die Schleswig-Holstein-Liga zu kommen. Kritiker mögen einwenden, dass Schackendorf ein ‚Dorf-Verein‘ ist. Aber der SV Eichede sagt von sich selbst auch, dass er ein Dorf-Klub ist - und hat in diesem Winter trotzdem sogar die Qualifikation für das SHFV-Hallen-Masters geschafft!“
SportNord: Das Beispiel des Staffel-Rivalen VfR Horst schreckt ab. Hat der SVS genügend Geld für die Schleswig-Holstein-Liga?
Hirsch: „Ich denke gar nicht, dass man so viel Geld in die Hand nehmen muss. Viel wichtiger ist es, dass das Konzept stimmt und die handelnden Personen im Umfeld, einschließlich des Trainers, gute Arbeit leisten. Da muss ich mich jetzt ganz klar beweisen, und ich werde im März in Barsinghausen auch meine Trainer-B-Lizenz erwerben!“
SportNord: Können Sie verraten, wie das neue Schackendorfer Konzept aussieht?
Hirsch: „Wir haben ein sehr junges Team: Die ältesten Spieler sind 27 Jahre alt, und es gibt einige 18-Jährige. Wir wollen weiter Talente zum SVS locken und zudem den eigenen A-Jugendlichen die Perspektive aufzeigen, dass sie gleich ans Tor der Ersten Herren-Mannschaft klopfen können. Die eigene Jugend ist unser wichtigster Baustein! Im Sommer werden wir dann sehen, ob es notwendig ist, auch ein paar etablierte Akteure zu verpflichten!“
SportNord: Gibt es einen Zeitrahmen, bis wann der Aufstieg in die Schleswig-Holstein-Liga gelingen soll?
Hirsch: „Ich denke, damit müssen wir uns Zeit lassen und sollten niemanden unter Druck setzen. Zunächst einmal gilt es, in diesem Frühjahr den Klassenerhalt zu sichern. Auffällig ist, dass das SVS-Team in der Offensive eine gute Qualität besitzt, aber bisher im Schnitt fast drei Gegentore pro Spiel kassiert hat – das ist natürlich zu viel, daran müssen wir arbeiten ...“
SportNord: Ihr Vorgänger Christensen beendete das Experiment mit einer Vierer-Abwehrkette zu Saisonbeginn schnell wieder. Wie stehen Sie zu diesem Thema?
Hirsch: „Ob wir in der Abwehr mit einer Dreier- oder Viererkette spielen hängt alleine von unseren Spielern ab: Sie müssen die Taktik hundertprozentig verinnerlichen. Und wichtig ist, dass wir in der Defensive einen konstanten, eingespielten Block haben. Großartige taktische Veränderungen kann ich aber momentan ohnehin nicht herbeiführen, denn aufgrund der Platzverhältnisse könnte ich sie nur in der Theorie erklären. Und klar ist auch: Ich kann nicht als Trainer ankommen und gleich alles umkrempeln!“
SportNord: Müssen Sie als langjähriger Profi aufpassen, dass Sie nicht zu hohe Ansprüche an die Schackendorfer Spieler stellen?
Hirsch: „Mein Freund Markus Beierle, mit dem ich zusammen beim MSV Duisburg und FC Hansa gespielt habe, trainiert mittlerweile den SC Dortelweil in der Siebten Liga von Hessen – falls ich also irgendwelche Fragen haben sollte, könnte ich mich an ihn wenden. Außerdem bin ich nicht als Profi geboren worden: Ich habe in meiner Jugend nie in Auswahl-Teams gespielt, sondern mein erstes Herren-Jahr in der Bezirksliga verbracht, ehe ich mich über die Landes- und Verbandsliga Stück für Stück nach oben gearbeitet habe. Ich weiß also, wo ich herkomme – und in Lübeck habe ich zuletzt anders herum miterlebt, wie wir von den Vollprofis abgekommen sind!“
SportNord: Streben Sie nun als Trainer einen ähnlichen Werdegang an wie als Spieler, aus der Verbands- in die Bundesliga?
Hirsch: „Wenn ich etwas mache, ist es immer mein Ziel, das Maximale zu erreichen. Als Jugendlicher habe ich gesagt, dass ich in der Bundesliga spielen will – ich bin dafür belächelt worden, habe es aber geschafft. Natürlich würde ich gerne als Coach einen ähnlichen Weg einschlagen, und der Vorteil ist, dass man dafür als Trainer mehr Zeit hat, während man ja als Spieler nur bis Mitte 30 spielen kann. Das beste Beispiel ist Otto Rehhagel, der Griechenland mit 71 zur WM-Endrunde geführt hat ...“
SportNord: Warum sind Sie lieber Trainer bei einem Sechstligisten als Sportdirektor bei Holstein Kiel oder einem anderen Drittligisten?
Hirsch: „Weil ich mich für die tägliche Arbeit auf dem Platz entschieden habe. Ich stand 16 Jahre lang an fast jedem Tag auf dem grünen Rasen, der ja momentan leider etwas weiß ist ... Der Duft der Kabinen und der Plätze, wenn sie frisch gemäht sind, hat mir einfach gefehlt. Als Manager kann ich mich zwar mit dem Trainer austauschen, aber ich kann keine Aufstellung oder Trainingsinhalte bestimmen – und das habe ich zuletzt enorm vermisst!“
SportNord: Sie hätten sicher einen leichteren Weg wählen können! Bis wann stehen Sie nun bei Schackendorf im Wort?
Hirsch: „Natürlich ist es ein schwieriger Weg, zumal ja beim Erwerben der Trainer-Lizenzen auch bürokratische Hürden zu überwinden sind. Aber ich will mich als Trainer langsam entwickeln und Schritt für Schritt voran kommen! Mit dem SVS habe ich zunächst einmal über anderthalb Jahren geredet: Gerade für die jungen Spieler ist es wichtig, zu wissen, wie es in der nächsten Saison aussieht. Und in der Verbandsliga ist es wie in der Bundesliga: Da wird frühzeitig geplant, und der Trainer sollte die Konstante darstellen!“
SportNord: Wie oft werden Sie die SVS-Spieler zu Übungseinheiten bitten?
Hirsch: „Wir werden zunächst zwei Mal pro Woche fest trainieren und eine weitere Einheit auf freiwilliger Basis anbieten. Ich hoffe, dass wir dazu übergehen können, drei Mal wöchentlich zu trainieren, denn das ziehen andere Verbandsligisten auch durch. Aber: Unsere Spieler gehen alle arbeiten, und es würde nichts bringen, sie zum dreimaligen Training zu zwingen. Fußball soll Spaß machen, und das muss ich ihnen vermitteln!“
Interview: Johannes Speckner